Drittes Kapitel.
Die Verbreitung der neuen Kunst im Auslande.
Der Wanderzug der deutschen Buchdrucker. – Schweinheim und Pannartz. – Deutsche Drucker in Rom. – In Venedig. – In den übrigen Städten Italiens. – Die Wanderdrucker. (Johann Neumeister.) – Deutsche Drucker in Frankreich. – Neumeisters weitere Wanderungen. – Verbreitung der Kunst in Frankreich. – Deutsche Drucker in Spanien und Portugal. – Buchdruck in den Niederlanden. – In England. – In Dänemark und Schweden.
Im Mittelalter zogen die deutschen Kaiser, die Kräfte des Landes in zu weit gegriffenen Zielen vergeudend, mit Roß und Reisigen über die Alpen, um mit den Waffen in der Hand neue Reiche zu gründen oder die Freiheit der Städte zu vernichten. Ehe aber noch das 15. Jahrhundert in sein letztes Drittel getreten war, begannen deutsche Schriftsetzer und Drucker in friedlichen Eroberungs- und Siegeszügen sich über ganz Italien zu zerstreuen und als „Waffenschmiede der Bildung“, wie der spanische Dichter Lopez de Vega sie nennt, der Erfindung Gutenbergs in der Heimat der Renaissance Eingang zu verschaffen. So sühnten die niedrig geborenen Söhne Deutschlands doppelt, ja dreifach die Fehler und Irrtümer ihrer Fürsten. Was diese kleinen Leute, als sie gen Süden wanderten, in ihren bescheidenen Ränzlein trugen oder auf einem zerbrechlichen Handwägelchen zogen, unscheinbare, metallene Typen, dürftige hölzerne Pressen, das stahl ihnen kein Räuber, das nahm ihnen kein Zöllner, und was sie im Kopf mit sich führten, die Kunst, Tausende und Millionen solcher kleinen Buchstaben als geflügelte Herolde des Gedankens in die Welt zu senden, das ahnten weder vornehme Ritter, noch stolze Fürsten, weder hochmütige Kardinäle, noch unfehlbare Päpste.
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_03.djvu/001&oldid=- (Version vom 1.8.2018)