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und die Jesuitenlitteratur übermächtiger; sie kommen daher persönlich gar nicht in Betracht. Die Arbeiten der wiener Drucker sind fortan nur noch auf das enge Absatzgebiet des wiener Marktes berechnet. Wien zählt deshalb auch in der Geschichte der Entwickelung des deutschen Geistes in jenen Zeiten nicht mit. So hart das Wort auch klingen mag: Wien bedeutet in der frühesten Geschichte der Buchdruckerkunst und des Buchhandels weniger, als die kleine Reichsstadt Hagenau im Elsaß!

In der chronologischen Folge der Druckstädte schließt sich nun

12. Magdeburg[1]

an, wo der Buchdruck durch den Einfluß des Erzbischofs Ernst (aus dem Hause Sachsen) eingeführt wurde. Die erste Anlage einer Druckerei wird den „Brüdern vom gemeinsamen Leben“ zugeschrieben; die ersten wirklich nachweisbaren Drucker aber sind Albert Ravenstein und Joachim Westfal, 1483 und 1484. Über den ersten ist Näheres nicht bekannt; Westfal stammte aus Stendal, wohin er sich auch 1486 oder 1487 wieder wandte und wo er unter anderm einen niederdeutschen und lateinischen „Sachsenspiegel“ in Folio druckte. Das Hauptwerk der genannten Drucker ist das mit zwei ziemlich mittelmäßigen Holzschnitten versehene niederdeutsche Evangelienbuch von 1484 in Folio, zugleich die erste niederdeutsche Ausgabe dieses Werks. Der nächste Drucker war Simon Koch aus Weilburg, 1486, und wahrscheinlich noch 1488. Sein erwähnenswertester Druck ist ein Missale von 1486 in Folio. Ihm folgte Simon Mentzer, 1490 bis 1503, der nur belehrende, unterhaltende und erbauliche Volksschriften gedruckt zu haben scheint; alle von ihm bekannten Drucke sind mit Holzschnitten ausgestattet. Der bedeutendste magdeburger Drucker war jedoch Moritz Brandis, 1491 bis 1504. Früher in Leipzig thätig, wo seiner bereits gedacht wurde, hatte er schon von hier aus mit dem Erzbischof Ernst und mit Magdeburg überhaupt in Geschäftsverbindung gestanden. Von seinem geschäftlichen Schiffbruch in Leipzig scheint er sich in Magdeburg vollkommen erholt zu haben, denn er besaß hier eine reiche Auswahl von Schriften und Initialen. Nur niederdeutsche und lateinische Drucke sind von ihm bekannt, sieben davon mit Holzschnitten ausgestattet. Sein Hauptwerk ist die erste Ausgabe des „Missale“ von 1493 in Folio. Hervorzuheben ist ferner der „Vocabularius optimus Gemmula vocabulorum dictus“, ein lateinisch-niederdeutsches


Fußnoten

  1. Götze, L., Ältere Geschichte der Buchdruckerkunst in Magdeburg. 1. Abteil.: Die Drucker des 15. Jahrhunderts. Magdeburg 1872. – Hülße, F., Beiträge zur Geschichte der Buchdruckerkunst in Magdeburg. I. Die Drucker von 1500–1552. (In: Geschichts-Blätter für Stadt und Land Magdeburg. 15. 16. Jahrgang. 1880. 1881.)


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_02.djvu/101&oldid=- (Version vom 1.8.2018)