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ist Koberger bis 1513 nur noch als Verleger thätig[1] , beschäftigte nur noch die Pressen anderer Drucker. „Dieser Koberger“, sagt sein Zeitgenosse Johann Neudörffer, „hatte täglich mit 24 Pressen zu drucken; dazu hielt er über 100 Gesellen, die waren einesteils Setzer, Correctores, Drucker, Posselierer, Illuministen, Componisten, Buchbinder.“ Interessant für die Kenntnis der Kobergerschen, dem modernen Fabrikwesen ähnelnden Betriebsweise seines Geschäfts, die ganz im Gegensatz zu den sonstigen Gebräuchen der Gewerbe jener Zeit stand, ist auch die Angabe Neudörffers: „Diese alle“ – nämlich seine Arbeiter – „verkostet er an andern Orten, sie hatten eine gewisse Stunde von und zu der Arbeit zu gehen, ließ keinen ohne den andern ins Haus, so auf dem S. Gülgenhof war, sondern mußten einer des andern vor der Hausthür warten.“

Von mehrern der großen Buchdrucker des 15. und 16. Jahrhunderts wird die Zahl der Kobergerschen Verlagswerke (etwa 220) wohl erreicht, von einigen sogar noch bedeutend überholt, wie z. B. von Johann Oporin zu Basel; von niemand aber wird Koberger in der Form und in der Ausdehnung seines gesamten Geschäftsbetriebs übertroffen. Das Geheimnis seines großen Erfolgs lag in der allmählichen, planmäßigen Erweiterung seines Absatzgebiets, in dem möglichst schnellen Umschlag seines Kapitals, in der Verteilung des Risiko. Seine Filialen in Frankfurt a. M., Paris und Lyon, seine Verbindungen mit den Niederlanden, Italien, Österreich, Ungarn und Polen, seine ganz Deutschland und die Nachbarländer besuchenden Reisediener oder Hausierer, sie alle bildeten die Grundlage seines großartigen Buchhandels, dessen Geschäfte von dem Mittelpunkte Nürnberg aus geleitet wurden. Auch die damals besonders schwierige Kontrolle führte Koberger durch ein großes Lagerbuch, in welchem nach Neudörffers Zeugnis die einzelnen Faktoren oder Agenten besondere Conti hatten, denen bei neuen Sendungen und bei Nachricht von erfolgtem Absatz zu- und abgeschrieben wurde.

So spiegelt sich denn in seiner Thätigkeit bereits die ganze spätere Entwickelung des Buchhandels und des Buchdrucks in ihrem Verhältnis zu einander ab: der überwiegende Einfluß nämlich des Handels gegenüber der produktiven Kunst. Koberger ist nicht nur der erste und größte Buchhändler seiner Zeit, sondern seine Gesamtthätigkeit erinnert bereits an die spätere Großmachtstellung des Buchhandels. Die Richtung des Kobergerschen Verlags ist dabei eine völlig konservative, von dem aufstrebenden


Fußnoten

  1. Hase, O., Die Koburger Buchhändlerfamilie zu Nürnberg. Leipzig 1869. Eine vortreffliche Arbeit, unentbehrlich für die Kenntnis und Würdigung A. Kobergers, leider zur Zeit vergriffen. Vom Verfasser vielfach benutzt. (Eine neue, vollständig umgearbeitete Auflage ist während des Druckes erschienen.)


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_02.djvu/076&oldid=- (Version vom 1.8.2018)