Seite:Geschichte des Dt Buchhandels 1 02.djvu/063

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

die Priorität der Einführung der Kunst sucht deren Einzug auch in Augsburg noch weiter zurück zu datieren, als die Jahreszahl des ersten dort gedruckten Buches rechtfertigt. Das erste bis jetzt bekannte zu Augsburg mit Jahreszahl gedruckte Werk stammt nun aus dem Jahre 1468 und gehört Günther Zainer von Reutlingen an; es sind die „Meditationes vitae domini nostri Jesu Christi“. Günther Zainer wird daher auch als erster Typograph Augsburgs gelten müssen, obgleich er 1472 in den Steuerbüchern als „Schreiber“ vorkommt und in diesem Jahre auch erst Bürger der Stadt wurde, während er sich vorher selbst als „Commanens oder Beisäß von Augsburg“ bezeichnet. Seine bis zum Jahre 1477 dauernde Thätigkeit war eine höchst bedeutende. Obwohl man nur etwa 30 Werke aus seiner Presse kennt, so ist doch deren technische Ausführung eine derartige, daß man ihm ein hervorragendes Verdienst um die Kunst zugestehen muß. Besonders erwähnenswert sind seine beiden deutschen Bibelausgaben, von denen die mit der Jahreszahl 1477 erschienene zugleich die erste datierte deutsche Bibel ist. Beide Ausgaben sind in ihrem schönen Druck mit großen fetten Typen, dem vortrefflichen Papier, prächtigen Initialen und Bilderschmuck wahre Monumentalwerke der Buchdruckerkunst, welche alle andern Bibelausgaben durch die Größe ihres Formats überragen. Zainer gilt auch als derjenige Typograph, der zuerst in Deutschland mit römischen Schriften (Antiqua) gedruckt hat, obwohl mit Unrecht, denn älter als seine Ausgabe der „Etymologiarum libri XX“ des Isidorus Hispalensis von 1472, worin er diese Schriftgattung zuerst brachte, sind unstreitig die Drucke mit dem bizarren R, welche höchstwahrscheinlich von Mentel in Straßburg herrühren.[1]

Nach der Chronologie der datierten Drucke ist der zweite Buchdrucker Augsburgs Johann Schüßler, von 1470 bis 1472. Nach einer ältern Überlieferung soll er die frühesten Typen Günther Zainers an sich gebracht haben. In der That stimmen die Schriften der wenigen von ihm bekannten Drucke mit Zainers ältesten, den Catholicon-Lettern, vollkommen überein; auch kommt dieselbe Schriftgattung in keinem datierten Druckwerke Zainers nach 1470 vor, in welchem Jahre der erste datierte Druck Schüßlers, die erste lateinische Ausgabe des Flavius Josephus erschien.[2] Im Jahre darauf brachte er auch die Editio princeps des Orosius. Nach einer Urkunde aus dem Jahre 1472 erwarb das


Fußnoten

  1. Katalog der Klemmschen Sammlung. S. 94 u. 95.
  2. Ilgenstein, M., Die älteste Buchdruckergeschichte Ulms im: Centralblatt für Bibliothekwesen. 1884.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_02.djvu/063&oldid=- (Version vom 1.8.2018)