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des klassischen Altertums“ (I, 259). Franz Poggio, der bekannte italienische Humanist, besuchte von Konstanz aus, dessen Konzil er als päpstlicher Abgesandter beiwohnte, das Benediktinerkloster St. Gallen, um nach verloren gegangenen lateinischen Klassikern zu suchen. Er fand hier die Bibliothek tief unten in einem finstern und feuchten Turme, in welchem man anderwärts, wie er sich ausdrückt, nicht einmal zum Tode verurteilte Verbrecher einschließen würde. Unter den mit Staub und Schmutz bedeckten Bänden entdeckte er unter anderm sechs bis dahin unbekannte Reden Ciceros, den ganzen unversehrten, bis dahin für verloren gehaltenen Quintilian in demselben Exemplar, welches vom Bischof Wernher dem straßburger Münster geschenkt worden und welches, man weiß nicht wie, nach der Schweiz geraten war. Poggio nahm den Codex mit nach Konstanz und schrieb ihn hier – sede apostolica vacante, also zwischen dem 24. Mai 1415 und 11. November 1417 – in 53 arbeitsamen Tagen mit eigener Hand ab, nahm aber auch das Original mit; dasselbe befindet sich jetzt in der Laurentiana in Florenz. Ähnliche Funde machte derselbe gelehrte italienische Handschriftensammler gerade zu jener Zeit in den Benediktinerabteien Reichenau, Weingarten und Fulda. Rom hatte diese Art von Raub sogar in ein förmliches System gebracht und trieb ihn noch ein volles Jahrhundert lang bis zur Reformation. Der gelehrte Doktor der Theologie, Marino de Frigeno, der 1464 im Norden Deutschland, in Dänemark und Skandinavien den Türkenablaß vertrieb, wurde darüber ertappt, daß er sich in die Bibliotheken unter dem Vorwande des Studieneifers eingeschlichen und sie dann schmählich bestohlen hatte. In Lübeck aber hielt man die von ihm geraubten Bücher trotz seines Drohens und Tobens gewaltsam zurück. Aus einer Empfehlung, welche der Kardinal Sadoletus am 1. Dezember 1517 im Auftrage des Papstes Leo X. einem lütticher Kleriker Johann Heytmers an den Kurfürsten Albrecht von Mainz gab, geht sogar hervor, daß die Kurie ihre besondern Agenten nach Deutschland, den nordischen Reichen und Dacien sandte, um in den dortigen Bibliotheken nach Handschriften von Klassikern zu suchen und für die päpstliche Büchersammlung zu sichern. Im vorliegenden Falle wurde der genannte Heytmers mit dem Auftrage ausgeschickt, den verlorenen Büchern des Livius nachzuspüren. Die fünf ersten Bücher des Tacitus waren schon in den ersten Jahren des Pontifikats Leos X. in Corvey an der

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Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 028. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_01.djvu/028&oldid=- (Version vom 1.8.2018)