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Heinrich Rantzau: Geschichte des Dithmarscher Krieges

hatten. Darauf kamen sie unter die Oberhoheit des Erzbistums Bremen, das nach Tauschrecht Anspruch auf das Land machte. Die Oberherrschaft des Erzbischofs bestand jedoch nur dem Namen nach. Die Dithmarscher benutzten sie gleichsam zum Vorwande, um andere Herrscher abweisen und ihre frevelhafte Unabhängigkeit befestigen zu können. Häufig entstanden dadurch Kämpfe und Streitigkeiten mit den Holsteinern, die ihr Recht bald durch Verträge, bald durch Waffengewalt geltend zu machen suchten. Drei blutige Schlachten wurden geliefert, in denen die Dithmarscher Sieger durch ein Spiel des trügerischen Geschickes mit unerbittlicher Grausamkeit gegen ihre Widersacher verfuhren und mit Hartnäckigkeit und Standhaftigkeit ihre Freiheit verfochten. Aufgebläht durch ihr beständiges Kriegsglück und in ihrem Uebermut durch den Reichtum und die Fruchtbarkeit ihres Landes bestärkt, luden sie den rächenden Zorn der Gottheit auf sich und empfingen die Strafe, die ihrer Frechheit und Schändlichkeit angemessen war. Denn ich bin durchaus der Ansicht, daß der Himmel, der gerechte Zorn des gestrengen Gottes ein solches Gericht über die Dithmarscher verhängt hat. Ich will schweigen von dem Uebermaß des Luxus und der Pracht, von der Unbilligkeit und der Ungerechtigkeit, von den Mordtaten und zahllos verübten Freveln, von denen man sich erzählt, damit es nicht scheine, als schenke ich bloßen Gerüchten zu viel Glauben. So groß war das übermütige und unverschämte Vertrauen der Dithmarscher, daß, nachdem sie einen langen Zeitraum hindurch ihre Freiheit behauptet und die größten Heere geschlagen und vernichtet hatten, sie sich überhaupt für unbesiegbar hielten. Trotzend auf die natürlichen Vorzüge ihres Landes verschmähten sie jede Obrigkeit und glaubten durch keine Gesetze und Verordnungen gezwungen werden zu können, wie andere Völker in einem geordneten Staatswesen zu leben. Nicht Billigkeit und Gerechtigkeit ihrer Sache flößte ihnen einen solchen Uebermut ein. Das tat ihre vermeintliche unbezwingbare Stärke. Ihren Hochmut und Eigendünkel aufzugeben, konnte weder Pflichtgefühl noch Furcht vor dem Strafgericht Gottes veranlassen. In ihrem Wahnsinn gingen die Dithmarscher sogar so weit, daß sie sich nicht scheuten, mit Bosheit die Majestät

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Heinrich Rantzau: Geschichte des Dithmarscher Krieges. Heider Anzeiger G. m. b. H., Heide 1914, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dithmarscher_Krieges.djvu/101&oldid=- (Version vom 18.4.2023)