Seite:Geschichte des Dithmarscher Krieges.djvu/015

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Heinrich Rantzau: Geschichte des Dithmarscher Krieges

den Rutenen günstig.[1] Unter dem Vorwande, ein altes Recht auf die Provinz zu haben, fiel der Herzog der Moskowiten mit einem großen Heere in Livland ein. Das ganze Land wurde mit Feuer und Schwert verwüstet, die meisten Festungen und Kastelle geschleift und zerstört. Eine Menge Menschen fielen der Mordlust eines erbarmungslosen Siegers zum Opfer. Tausende von Weibern wurden von Haus und Hof geschleppt, Tausende von Kindern von den Brüsten der Mütter gerissen. Welch ein düsteres Schauspiel und welch beklagenswertes Schicksal des schnell aufgeblühten Landes, das mehrere Jahrhunderte hindurch das sichere Bollwerk des deutschen Reiches gegen die östlichen Barbarenvölker gewesen war! Fürwahr! Diese Begebenheit gereicht Deutschland zur ewigen Schande! Tapfere Deutsche gründeten und verteidigten diese deutsche Niederlassung, die nun von schwächlichen Nachkommen reckenhafter Vorfahren der Tyrannei der Moskowiter preisgegeben, und mit dem elendesten Sklavenjoch belegt wurde.

Das war die politische Lage in Europa. Nun folgt die Schilderung von dem Ursprung und den Sitten jenes alten Stammes der Dithmarscher.

Das von den Dithmarschern bewohnte Land erstreckt sich sieben Meilen in die Länge, die Breite beträgt dagegen etwas weniger. Es ist mit Holstein verbunden, und liegt zwischen Nord- und Ostsee gerade da, wo die alten Cimbern ihre Wohnsitze hatten. Die Bewohner sind auch cimbrischen Ursprungs. Sie haben dieselben Sitten und Einrichtungen und waren, wie die Holsten, dem Sachsenreich tributpflichtig. Wir wollen sie daher nicht von einander trennen, sondern unter dem gemeinsamen Namen der Cimbern zusammenfassen. Sollte aber jemand hiergegen einwenden, die Dithmarscher müßten ein von den Cimbern verschiedener Volksstamm sein, weil sie von Gomer, dem Enkel Noahs, die Dithmarscher aber von Marsus abstammen, so ist die Erwiderung nicht schwer. Denn Marsus war der

  1. Es war der Ordensmeister von Fürstenberg, der 1557 das verhängnisvolle Schutz- und Trutzbündnis von Poswol schloß.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Rantzau: Geschichte des Dithmarscher Krieges. Heider Anzeiger G. m. b. H., Heide 1914, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dithmarscher_Krieges.djvu/015&oldid=- (Version vom 14.11.2022)