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oder der Vater, das göttlich Menschliche oder der Sohn und das Göttliche das ausgeht in Wirkung, Wirklichkeit, der heilige Geist. Im Menschen nun, dem Zielpunkt des göttlichen Lebensprocesses ist die Vollendung des Ganzen, weil indem Gott auf sinnliche Weise Mensch wird, das Göttliche sein adäquates Dasein hat, da alle in Gott liegenden Potenzen in ihm nun verwirklicht sind. Christus ist zunächst dieser wahre Mensch, in welchem die wahre Dreieinigkeit wohnt, Gott als Göttliches (das Divinum patris), als göttlich Menschliches (idea hominis) und als sinnliche Wirklichkeit. Die in Gott potenziell ruhende Sohnschaft, welche actuell wird in Christus, hat zu ihrem Inhalt die substantielle Liebe, das Göttliche des Vaters; Jesu Seele ist aus demselben, aus Jehova und bereitet sich einen himmlischen Leib, was schon auf Erden begann. Auch einen materiellen Leib aus Maria nimmt er an, damit er ganz im Letzten wie im Ersten sei. Aber dadurch tritt ihm Christus in eine Ungleichheit mit seinem Begriff. Denn während Ziel des Processes sein muß, daß Christus in Allem göttlich sei, so ist der Leib von Maria der Verwandlung in das Göttliche nicht fähig. Daher ist eine Abstreifung dieses Leibes, oder eine Umgebärung desselben kraft der inwohnenden Gottheit nöthig. Jetzt ist auch sein Menschliches, Seele und Leib göttlich; das Erste und Letzte, Gott und die (wahre) Natur durchdringen sich in ihm, in ihm ist die wahre Dreieinigkeit verwirklicht, er ist Jehova, ohne Zweiheit der Naturen, eine Einheit, welche die eigentliche Mitte des Universums ist. Ohne Christus wäre der Glaube an Gott wie ein Blick in die blaue ungemessene Luft. Unser Gottesbewußtsein erhält einen Stützpunkt dadurch, daß sich Gott in Christus Bestimmtheit in concreter Wirklichkeit gegeben. In ihm ruht die Kraft, Weisheit und Liebe auszugießen, was sich nach Swedenborg durch die heilige Schrift vermittelt, die ihm nichts Geringeres als die stellvertretende Fortsetzung der Incarnation Gottes seit Christi Scheiden von der Erde ist.

Es ist nicht Christi Person selbst, ihr erlösendes und versöhnendes Thun, worauf für Swedenborg das eigentliche Gewicht fällt; seine pelagianische, ja rationalistische Denkweise bedarf dessen nicht. Der historische Christus hat ihm eigentlich nur Bedeutung als eine Erscheinungs- oder Offenbarungsweise des Wortes Gottes. Dieses ist der eigentliche Mittler, herabsteigend von Gott. Während der historische Christus wieder in die Unsichtbarkeit zurückgegangen ist und in sofern nur eine vorübergehende Erscheinung war, so will das

Empfohlene Zitierweise:
Isaak August Dorner: Spener und der Pietismus. J.G. Cotta, München 1867, Seite 665. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_der_protestantischen_Theologie_665.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)