Michael Grimm: Sitten, Gebräuche, Aberglauben, Sagen (Gmünd). In: Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Gmünd von Anbeginn bis auf den heutigen Tag | |
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Und siehe! Alle gewahrten es jetzt, was sein entzücktes Auge schaut; das Gewand der Heiligen bewegt sich, ein mildes Leuchten verklärt ihr Angesicht, und
„Lächelnd neigt das Bild sich nieder |
So besingt Justinus Kerner, selbst ein theurer Sänger des deutschen Volkes, diesen wundersamen Moment, welchem sodann, nach so glänzender Unschuldserklärung, ein werther Triumph für den geretteten Spielmann folgte. Man gab ihm zur fernerer Genugthuung ein festliches Bankett auf dem Rathhause mit Rundgesang und Becherklang; aber aus lautestem Jubel wich der fremde Spielmann hinaus in die helle Mondnacht, und mit seinen Goldschuhen wanderte er weiter von Land zu Land, spielend und singend, bis er verdämmerte irgendwo in der weiten Welt. Seitdem aber, und diesem Spielmann zum Gedächtniß, wird in Schwäbisch Gmünd jeder Musikant wohl empfangen, und das Singen und Spielen ist an der Tagesordnung geblieben, wie jedermann weiß, der nur einmal durch die Stadt gekommen ist. Und wer nicht anders tönen kann, der hält sich an’s Becherklingen, und deßhalb ist Gmünd eine so lustige Stadt, daß sie alle Welt Freude ist, weßhalb man ihren Namen herleitet von Gaudium mundi (der Welt Freude) – alles in Erinnerung an den Mann des Volksgesanges, der den Heiligen theuer ist.
Die Ritter von dem Rosenstein, Empfohlene Zitierweise:
Michael Grimm: Sitten, Gebräuche, Aberglauben, Sagen (Gmünd). In: Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Gmünd von Anbeginn bis auf den heutigen Tag. Selbstverlag des Verfassers, Gmünd 1867, Seite 442. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_der_ehemaligen_Reichsstadt_Gmuend.djvu/446&oldid=- (Version vom 1.8.2018) |