Michael Grimm: Sitten, Gebräuche, Aberglauben, Sagen (Gmünd). In: Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Gmünd von Anbeginn bis auf den heutigen Tag | |
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Mädchen in die eine Hand eine Ruthe, in die andere einen Scepter von Stroh; auf dem Haupte hatte es eine strohene Krone, in der Mitte hieng ein Glöcklein. So oft sich nun die also Bestrafte bewegte, so klingelte dasselbe. Oben stund geschrieben: „So wird die Unzucht gestraft.“ Konnte eine Mannsperson das Unzuchtsvergehen nicht bezahlen, so mußte auch sie auf die Bank des Prangers so lange stehen, als das Weibsbild oben auf der Schranne saß. Dies geschah an drei nacheinander folgenden Wochenmärkten und dauerte jedesmal eine volle Stunde.
Die Ehebrecher und Ehebrecherinnen mußten zur geistlichen Strafe vor die obere Kirchenthüre drei Sonn- oder Feiertage nach einander während des Gottesdienstes mit einem schwarzen Hemd angethan und einer schwarzen Kerze in der Hand stehen. Im Jahre 1779 wurde diese Strafe vom damaligen Stadtfparrer und Decan Debler abgeschafft.
Vor undenklichen Zeiten stund in der Ledergasse ein der Stadt eigenthümliches Haus, welches man das Hurenhaus nannte. In demselben konnte nemlich jede ledige Person ihr Wochenbett abhalten, welche keine eigene Heimat, d. h. keine Eltern oder nahe Verwandte hatte. Nur für gefallene Bürgerstöchter war es bestimmt. Unter Württemberg wurde von Seiten der Stadt dieses Häuslein verkauft und solche gefallene Mädchen in die Fuggerei gewiesen, welche zu einem Arbeits- und Waisenhaus eingerichtet war.
war allezeit ein großer Zug von Verwandten, Nachbarn und Bekannten, so daß man manchmal 100 Paar zählte. Die
Michael Grimm: Sitten, Gebräuche, Aberglauben, Sagen (Gmünd). In: Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Gmünd von Anbeginn bis auf den heutigen Tag. Selbstverlag des Verfassers, Gmünd 1867, Seite 434. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_der_ehemaligen_Reichsstadt_Gmuend.djvu/438&oldid=- (Version vom 1.8.2018)