Seite:Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Gmuend.djvu/424

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Michael Grimm: Sitten, Gebräuche, Aberglauben, Sagen (Gmünd). In: Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Gmünd von Anbeginn bis auf den heutigen Tag

Schwerte, ihm folgten 2 Thürmer mit Trompeten, dann kamen alle ledigen Metzgersöhne mit solch großen „Sträußen“ auf ihren Hüten, daß man nichts als Blumen sah. Ihnen folgten die Meister nach Rang und Ordnung. Den Schluß bildete wiederum ein Reiter mit entblößtem Schwert. In der Mitte ritten der Oberachtmeister und der Achtmeister mit Degen. Neben ihnen marschirte der Zunftknecht mit einer Partisane in der Hand. Der Sammelplatz war das Zunfthaus der Metzger, nemlich die Herberge zur goldenen Kante. Von da aus bewegte sich der ganze Zug dem Rathhaus zu, in der Stadt herum und durch das Schmiedthor dem Kloster Gotteszell zu. Da stiegen sie ab und nahmen einen Lebkuchen von 4 Fuß Länge, an einer Stange befestigt, und mit einer Fülle von Reisach und Blumen eingemacht, in Empfang. Der Oberachtmeister nahm ihn auf sein Pferd und trug ihn wie eine Standarte. Nun bewegte sich der Zug wieder der Stadt zu, in derselben herum und schließlich zur Herberge. Dort wurde der große Lebkuchen so vertheilt, daß alle Theilnehmer etwas traf. Des andern Tages hielten die Metzger auf ihrer Herberge eine Mahlzeit; jeder Nichterscheinende hatte 30 kr. Strafe zu erlegen.

Wer aber in der Fastnacht zu Freud und Lustbarkeit nicht aufgelegt war, oder sein Gemüth wieder sammeln wollte, der hatte bei den Dominikanern und in der Gruft bei dort stattfindendem 10stündigem Gebet solches zu thun Gelegenheit. In der


Fastenzeit

wurden Bretzgen gebacken. Kam man nun im Wirthshause zusammen, so rissen zwei eine solche auseinander, wem nun das Schloß in der Hand blieb, der mußte zahlen.

Früher aß man während der ganzen Fastenzeit kein Fleisch. Es wurde auch diese ganze Zeit hindurch Morgens um 5 Uhr in der Pfarrkirche und bei den Franziskanern Abends um ½ 6 Uhr ein Miserere abgehalten.

In der Pfarrkirche, bei Sct. Johannis und Sct. Veit, im Spital und bei den Kapuzinern war während der ganzen

Empfohlene Zitierweise:
Michael Grimm: Sitten, Gebräuche, Aberglauben, Sagen (Gmünd). In: Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Gmünd von Anbeginn bis auf den heutigen Tag. Selbstverlag des Verfassers, Gmünd 1867, Seite 420. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_der_ehemaligen_Reichsstadt_Gmuend.djvu/424&oldid=- (Version vom 1.8.2018)