Seite:Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Gmuend.djvu/419

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Michael Grimm: Sitten, Gebräuche, Aberglauben, Sagen (Gmünd). In: Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Gmünd von Anbeginn bis auf den heutigen Tag

zehnten Station in den Geißlungssaal, wo Christus mit seinem Blut überronnen und übergossen an die Säule gebunden ist. Die Henkersknechte liegen auf dem Boden herum. Auf dem Vordergrund der Bühne aber steht ein Engel, welcher eine Seele an der Hand führt und auf den gegeißelten Herrn hindeutet. Als die Henkersknechte den Herrn von der Säule losgebunden hatten, sinkt er unter der Wucht der Schmerzen nieder. Nachher bringt ein Bube Dornen herbei, welche die Juden sofort zu einer Krone flochten. Nun rissen sie den Herrn vom Boden auf, drückten ihm die Dornenkrone auf’s Haupt und setzten ihn auf einen Stuhl. Dann folgt die Verspottung Christi durch die Juden und Henkersknechte.

In der elften Station sieht man den Ecce Homo! Pilatus ist in seiner Gerichtsstube. Der Rotte, die den Herrn führt, geht der Judenhauptmann voraus. Schließlich wird Jesus in der zwölften Station unschuldig zum Tod verurtheilt. Während dieser Zeit versammelte sich der Zug zur Kreuzigung. Indem man Christus abführt und er auf einige Zeit den Augen der Zuschauer verdeckt ist, treten die Vorbilder aus dem alten Testament auf die Bühne: Adam und Eva, Joseph und seine Brüder, die Tochter Jephthas und andere. Jedes derselben hat seine Spruch. Auch Bilder aus dem neuen Testament treten auf, z. B. die heilige Genovefa mit dem Schmerzenreich, auch allegorische Figuren, wie die sieben Hauptsünden.

Der Kreuzzug bewegt sich durch mehrere Straßen der Stadt und zwar in folgender Ordnung:

Voraus auf weißem Roß ohne Sattel reitet der Tod mit Krone und Scepter.

Dann kommt zu Roß ein Sardenbläser, der mit einzelnen abgestoßenen, überaus traurigen Tönen den nahen Zug ankündigt.

Jetzt kommen Adam und Eva. Zwei uralte Leutchen, weiß gekleidet, mit Pflug und Ochsen. (Eine lange Reihe

Empfohlene Zitierweise:
Michael Grimm: Sitten, Gebräuche, Aberglauben, Sagen (Gmünd). In: Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Gmünd von Anbeginn bis auf den heutigen Tag. Selbstverlag des Verfassers, Gmünd 1867, Seite 415. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_der_ehemaligen_Reichsstadt_Gmuend.djvu/419&oldid=- (Version vom 1.8.2018)