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in alter Zeit) zu erheben und zu besorgen, was an administrativen oder polizeilichen Geschäften wahrzunehmen war, (Vogediejurisdiction und Vogederechtigkeit). Er ist der erste Beamte des Gaus und sein Name steht, anfangs wenigstens, an der Spitze der öffentlichen Acten. Jährlich versammelte derselbe alle Waffenfähigen des Landes zur Heerschau; wo? ob bei Süderhastedt, das von einer solchen den Namen Herstidi zu tragen scheint, wer mag es sagen? Schwerlich schon in Heide und auf dem Barlter Ossenkamp, wie in der Zeit, als fünf Vögte waren. Da erschien jeder waffenfähige Dithmarscher – und der Dithmarscher wurde das schon mit 14 Jahren – in voller Rüstung zu Roß und zu Fuß, mit Helm, Panzer, Schild und Angriffswaffen, zumal jener furchtbaren Streitaxt und dem kurzen Messer (Tseken), die er auf dem Bilde bei Neocorus führt. Es war ein rüstiges, kampflustiges Geschlecht, das nicht selten bei fremden Fürsten Dienst und Gelegenheit zu Thaten suchte. (H. Ranzow, Descriptio Chers. Cimb.) So fanden wir schon früher jenen Etheler, finden dann von neuem 1228 Heinrich von Meldorf, auch Emeldorp genannt. Er stand in dänischen Diensten, blieb bei Waldemar und seinen Söhnen, nahm 1248 mit einer Abtheilung seiner Leute Schleswig, so daß ihm die Tochter des Herzog Abel nur mit Mühe verkleidet entrann, und spielte auch später nach dem schrecklichen Bruderzwist und Brudermord eine nicht unbedeutende Rolle, so daß er den Abel’schen Prinzen nicht unwichtige Dienste leistete. (Christiani, Geschichte von Holstein II, 335.) Bei dieser Heerschau erschien jedes Geschlecht zusammen geordnet, mit dem Geschlechtswappen auf dem Schilde, wie es uns Tacitus in seiner Germania c. 7 beschreibt: „Und was ein besonderer Sporn zur Tapferkeit ist, nicht Zufall und unabsichtliches Aneinanderreihen bildet die Rotten und Heerhaufen, sondern Familie und Verwandtschaft.“ An Verwandtschaft ward bei den Geschlechtern wenigstens meistentheils geglaubt; nothwendig war sie nicht, denn es kam vor, daß ein nur wenige Köpfe starkes Geschlecht sich in ein anderes einkaufte. (Neocorus I, 257 Anm.; Karsten-Schröder, S. 44.)

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Wilhelm Heinrich Kolster: Geschichte Dithmarschens. Nach F. C. Dahlmanns Vorlesungen im Winter 1826. Wilhelm Mauke, Leipzig 1873, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Dithmarschens_Kolster_1873.pdf/244&oldid=- (Version vom 16.9.2022)