Seite:Geschichte Dithmarschens Kolster 1873.pdf/221

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

wir uns hinwegdenken und die westlich von derselben liegenden Häuser. Der Marktplatz entsendet nach drei Seiten seine Straßen, nach Norden eine, nach Osten zwei (einmal führt die Zingelstraße den Namen Oesterstraße), nach Süden ebenfalls zwei, falls nicht die Westerstraße ursprünglich bloß Quai, Hafenstraße, war. Die sämmtlichen Straßen lassen sich freilich erst um 1600 nachweisen, einzelne etwa 50 Jahre früher. Uebrig bleibt so die Burgstraße, die aber nicht am Markt mündet, sondern unmittelbar vor demselben abbricht und durch ein Quergäßchen auf den Markt führt. Woher kommt das? – Ich sehe nur eine mögliche Antwort: die Burgstraße führte eben nur nach dem Thor der Burg, welche sich hart am Markte erhob, und mithin auf der Stelle der Apotheke und des Voß’schen Hauses lag. – Der Burg? Gab es denn in Meldorf eine Burg? Neocorus schweigt davon; zu seiner Zeit hatte sie also längst aufgehört zu existiren. Kein anderer spricht von ihr; es wäre denn Carstens, der sie Mildenborg nennt (Bolten I, 328); aber das wird nichts weiter sein, als, was auch hier versucht wird, ein Rückschluß aus dem Namen Burgstraße, keine historische Ueberlieferung. Gleichwohl läßt sich nicht zweifeln, daß eine solche existirt hat; woher käme der Name Burgstraße in Meldorf? woher die fünfthurmige Burg im Stadtwappen? Sie war bei lebhaftem Verkehr auch nothwendig zum Schutz von Waaren gegen Seeräuber und Erhaltung des Marktfriedens, denn der Kaufmann war streitbar im Mittelalter, wie oben bemerkt, nicht umsonst stehen die städtischen Kaufmannsgeschlechter dem Adel des Landes gegenüber. War eine Zahl von Schiffen im Hafen versammelt, so konnte auch ein Aufstand des Schiffsvolkes, Händel mit Einzelnen oder ihrer Gesammtheit der Stadt Gefahr genug bringen.

Die Ausdehnung der Stadt war wohl von Alters her die gleiche wie jetzt: sie erfüllte den dreieckigen Hügel, auf dem sie lag, nur zum Ringwall noch den nöthigen Raum übrig lassend. Im Westen stieß sie hart an den Hafen, im Osten schloß sie sich durch ein Bollwerk, das Zingel (cingulum), an der schmalen Stelle, wo der Hügel mit dem ostwärts führenden Höhenzuge

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Heinrich Kolster: Geschichte Dithmarschens. Nach F. C. Dahlmanns Vorlesungen im Winter 1826. Wilhelm Mauke, Leipzig 1873, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Dithmarschens_Kolster_1873.pdf/221&oldid=- (Version vom 14.6.2018)