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Wahl Schenefelds für eine der ersten Kirchen des Landes ein unverfängliches Zeugniß zu sein, daß eine Hauptlandstraße von Meldorf nach Kiel lief und einen erheblichen Handel vermittelte. Durch diese Annahme erscheinen die später immer sich wiederholenden Streitigkeiten über den Zoll in Hanerau in einer größeren Bedeutsamkeit; uns aber tritt Meldorf als Endpunkt dieses Verkehrs ganz unerwartet als ein Haupthandelsort des Landes entgegen. Für das Dasein und die Bedeutung dieser Straße dürften selbst die Ueberfälle sprechen, die in Vicellins Zeit von Dithmarschen in Neumünster verübt wurden, über die uns Westphalen (Mon. ined. III, 17) noch die bittern Klagen bewahrt hat. Mag uns auch der Gedanke selbst, das einsame Landstädtchen als Handelsstadt, die verlassene Landstraße als Vermittlerin wichtiger Geschäfte und die winzige Miele als Grundbedingung der Existenz eines jetzt in Marschland verwandelten Hafens zu betrachten, bald ein Lächeln ablocken; aus verschiedenen Bedingungen gehen verschiedene Consequenzen hervor, und was unter veränderten Verhältnissen auch unter dem kleinsten Maßstab bleibt, kann darum doch in uralter Zeit eine wesentliche Bedeutung gehabt haben. Verschieden, wie der Fischerkahn ist von dem Dreimaster, war auch der Kaufmann jener Zeit von dem unserer Tage, selbst Führer seiner Waaren, heut friedlicher Handelsmann, morgen Kämpe zur See, und wie bald vielleicht grimmiger Pirat, und nicht minder zu Lande mannhafter Vertheidiger seines Eigenthums auf der Landstraße, wie gegen den adligen Freibeuter, so gegen den unter fürstlichem Namen seine Freibeuterei treibenden Zöllner. So ergibt sich als Folge aus dem Gesagten, daß der Hafen Meldorfs, durch die Miele offen gehalten, der Stadt die erste Entstehung gegeben hat, und daß der Markt, der unmittelbar an den nun verschwundenen Hafen stieß, der Kern des entstehenden Ortes gewesen ist, wie er denn auch noch heut zu Tage strahlenförmig die Hauptstraßen nach drei Seiten aussendet. Das bestätigt auch Hans Dethleffs’ Chronik mit den Worten: „Meldorp, de Hövetflecke in Dithmarschen, so den Namen von dem Water Miele, so in de Elve lopet, und darinne de Schepe

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Wilhelm Heinrich Kolster: Geschichte Dithmarschens. Nach F. C. Dahlmanns Vorlesungen im Winter 1826. Wilhelm Mauke, Leipzig 1873, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Dithmarschens_Kolster_1873.pdf/216&oldid=- (Version vom 14.6.2018)