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werden. Sie sind Schöpfungen der Menschenhand und liegen meist in mäßiger Entfernung vom Festlande. So zieht sich von Meldorf aus süd- wie nordwärts, durch eine schmale Moorniederung und durch einen Marschstreifen von der Geest getrennt, eine ganze Reihe von Marschinseln hin, freilich nicht wie die Halligen und die von Plinius geschilderten, im wesentlichen von der Natur gebildeten Inseln ohne Vieh, sondern so recht für dessen Haltung angelegt. Nicht umsonst hebt der Aufsatz der Dithmarscher Zeitung 1832, Nr. 28, S. 207 hervor, daß der Mittelpunkt der Wurth jedesmal durch eine Tränke gebildet werde; wie hätte in der umtosenden Salzfluth Mensch und Thier des süßen Wassers entbehren können? Aber zur Ebbezeit und in den Pausen zwischen den höheren Sturmfluthen hatte die Natur für Hunderte von Pferden, Rindern, Schafen, Gänsen reiche Weide geschaffen und ein Naturleben ins Dasein gerufen, wie wir es weiland auf Diecksand gesehen haben, als es noch Außendeich war und weit und breit den Landleuten zur Sommerweide diente. Da erblickte das Auge Hunderte von Thieren aller jener Gattungen, die auf dem saftigen dichten Außendeichsgrase (Statice armeria[WS 1]) weideten, umhegt durch die kleinen einschließenden Meeresarme. In der Mitte stieg, von einem mächtigen Deiche geschirmt, wie ein Riesenkegel die Tränke empor, das Hirtenhäuschen auf ihrer Spitze, wohin der natürliche Instinct die Thiere zur Löschung ihres Durstes trieb, um sich dann wieder auf der Weide zu zerstreuen und frisch und fröhlich ihre Freiheit zu genießen. Zum Herbst holte dann der Eigenthümer seine Thiere zurück, zahlte sein Hutgeld und dann ward der ganze District dem Walten der Fluthen überlassen. Traten während des Sommers Stürme und mit ihnen höhere Fluthen ein, oder trieb der Nordwest die Wogen, zumal beim Mondwechsel, gewaltiger an den Wall, dann eilten die Knechte des Hirten nach allen Seiten und trieben die Thiere in die Tränke zusammen, deren Deich sie, der Gewalt der Fluthen spottend, schirmend aufnahm, wo dann Kopf an Kopf gedrängt, brüllend, wiehernd, blöckend, schnatternd, oder auch in angstvoller Stille, als wären sie sich der drohenden Gefahr bewußt, das

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Statice ameria
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Heinrich Kolster: Geschichte Dithmarschens. Nach F. C. Dahlmanns Vorlesungen im Winter 1826. Wilhelm Mauke, Leipzig 1873, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Dithmarschens_Kolster_1873.pdf/209&oldid=- (Version vom 26.6.2018)