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Eine Nation, die in ihrer Vergangenheit eine solche Ausdauer bewiesen und so hartnäckig ihre Kultur gegen asiatische Barbarei verteidigte, verdient jedenfalls der Beachtung und es lohnt wohl der Mühe, ihr Wirken auf geistigem Gebiete kennen zu lernen.

Die Abstammung der georgischen oder kartwelischen Sprache ist bis heute noch nicht genügend festgestellt trotz zahlreicher in dieser Richtung unternommener Forschungen. Der vor ein paar Jahren verstorbene Professor der Petersburger Akademie, der Franzose Brosset, welcher diese Sprache besser als irgend wer kannte und ziemlich klar ihren Entwicklungsprozess dargelegt hat, bemerkte in ihr viel Verwandtschaft mit den indo-europäischen Sprachen, wobei er jedoch die Behauptung aufrecht erhielt, dass ihr eigentlicher Kern nichts mit diesen Sprachen gemein habe. Es ist also anzunehmen, dass die georgische Zunge nicht indo-europäischer Abstammung ist, dass aber ihre Entwicklung vom Persischen, dem Sanskrit und der Zendsprache beeinflusst wurde, was wahrscheinlich durch Vermittelung des Armenischen geschah. In ihrem heutigen Zustande besitzt die georgische Sprache viele fremde Ausdrücke, besonders arabische und persische und seitdem man begonnen sie den modernen Anforderungen gemäss zu entwickeln und zu bereichern, ist die Zahl der Fremdwörter in ihr noch bedeutend gewachsen, was natürlich nichts zu ihrer Verschönerung beitragen konnte. Gegen diese willkürliche Verstümmlung kämpfen jedoch gegenwärtig einige georgische Philologen, die zunächst bemüht sind, die schon angenommenen Fremdwörter durch eigene zu ersetzen.

Was den Wohlklang des Georgischen anbetrifft, so ist dieser trotz eines gewissen Reichtums an Vokalen ein geringer und steht dem mancher anderen orientalischen Sprache nach.

Als Beispiel diene die nachfolgende Strophe eines Gedichtes von Elias Tschawtschawadse:

Empfohlene Zitierweise:
Arthur Leist: Georgien. Natur, Sitten und Bewohner. Verlag von Wilhelm Friedrich, Leipzig 1885, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Georgien._Natur,_Sitten_und_Bewohner.pdf/95&oldid=- (Version vom 1.8.2018)