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seiner eigenen Bewohner auszustehen. Seine Hauptstadt Kutais hatte wie Tiflis seine Glanzepoche und war im Mittelalter während mehrerer Jahrhunderte die Metropole von ganz Georgien. Später jedoch, nach der Überführung der Königsresidenz nach Tiflis sank Kutais und wenn auch später wieder ein ziemlich reges Leben in seinen Mauern erwachte, so war dies doch nur ein Todesringen, denn es wurde nun der Herd unaufhörlichen Waffengetöses.

Im fünfzehnten Jahrhunderte zerfiel nämlich Georgien in drei Königreiche, in das imeretische, das kachetische und das kartalinische oder das eigentliche Georgien und diese Trennung war in der Folge der Grund endloser Thronstreitigkeiten und Erbfolgekriege. Die Teilung wurde im Jahre 1455 unter Bagrat I., einem der Nachkommen der zügellosen Königin Russudan, der Tochter Tamarens vollzogen. Schon Bagrat I., begann den Kampf mit dem Könige von Kartalinien und sein Nachfolger Alexander führte ihn weiter. Im Jahre 1509 fielen die Tataren in Imeretien ein und zerstörten Kutais, doch Bagrat II., der Sohn Alexanders besiegte sie und schloss mit ihnen Frieden. Unter Alexander III. ruhten die Waffen einige Jahre, rührten sich aber um so geräuschvoller während der Regierungszeit seines Sohnes und von nun an war dem Kriegslärm kein Ende mehr, denn der König der Könige, wie sich jeder Herrscher Imeretiens klangvoll nannte, hatte auch in seinen eigenen Verwandten höchst erbitterte Feinde.

Im Jahre 1660 bestieg wieder ein Bagrat den Thron von Imeretien und dieser Fürst war wohl von allen seinen Vorgängern und Nachfolgern der unglücklichste, obwohl fast keinen von ihnen das Glück besonders begünstigte. Die Geschichte seiner Drangsale ist höchst dramatisch und ist auch von dem georgischen Bühnenschriftsteller Meschi zu einer Tragödie benutzt worden. Als Bagrat kaum

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Arthur Leist: Georgien. Natur, Sitten und Bewohner. Verlag von Wilhelm Friedrich, Leipzig 1885, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Georgien._Natur,_Sitten_und_Bewohner.pdf/87&oldid=- (Version vom 1.8.2018)