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sind auch viel höher und schwerer zugänglich als die der beiden östlichen Provinzen und ihre Landschaftsbilder sind imposanter und grossartiger.

In ihrem Bereiche erhebt sich der Chomli, auf welchem der Sage nach Prometheus an einen Felsen angeschmiedet war. Doppelt empfindet man hier den Sinn dieser herrlichen Göttersage, denn ein wahrhaftiges Paradies prangt rings umher, dessen Anblick dem Märtyrerhelden die Qualen der Gefangenschaft unsäglich erhöhen musste. Die Schönheit der sich in der Ebene ausbreitenden Landschaft spottet jeglicher Beschreibung und die farbenreichste Schilderung würde nur ein schwaches Bild derselben liefern. Vor Allem ist es der üppige Pflanzenwuchs, welcher der Gegend einen so hohen Reiz verleiht, denn in den verschiedensten Schattierungen prangt hier das Grün einer mächtigen, südlichen Vegetation, die fast keinen Winter kennt. Neben herrlichen Buchen und Eichen wiegt sich die schlanke Cypresse und immergrüne Myrten- und Lorbeerhecken bekränzen die zwischen Gärten und Hainen hinlaufenden Wege und Stege. Jedes Haus, jede Laube ist umrankt von üppigen Schlingpflanzen und duftige Blumenteppiche bedecken jede von Bäumen und Sträuchern freie Stelle. Die zartesten Gewächse und Blumen des Südens wachsen hier ohne Pflege im Freien, denn die warme Sonne und der milde Hauch eines fast ewigen Frühlings begünstigen sie zur Genüge. Imeretien und seine Nachbarprovinz Mingrelien haben auch das mildeste Klima in ganz Georgien, denn während in Kartalinien und Kachetien die Hitze im Sommer oft die Höhe von vierzig Grad erreicht und der Winter, obwohl kurz, doch frostig ist, geht hier der Sommer ohne allzu grosse Hitze vorüber und Winterfröste sind eine nur seltene Erscheinung.

Wie andere Provinzen Georgiens litt auch das schöne Imeretien viel von den mahomedanischen Nachbarn, aber nicht weniger hatte es durch den langwierigen Kriegsstreit

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Arthur Leist: Georgien. Natur, Sitten und Bewohner. Verlag von Wilhelm Friedrich, Leipzig 1885, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Georgien._Natur,_Sitten_und_Bewohner.pdf/86&oldid=- (Version vom 1.8.2018)