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verwüstete und seine Bewohner durch Anwendung der grausamsten Gewaltmittel zur Annahme des Islams zwingen wollte. Wie grauenhaft seine Gewaltthaten waren, zeigte die Niedermetzlung der Mönche im Klöster zu Garedscha. Nach uralter Sitte versammelten sich hier jedes Jahr die Mönche aller Nachbarklöster zur gemeinschaftlichen Feier des Auferstehungsfestes. Auch an jenem Tage, da diese Gräuelthat vollbracht wurde, waren hier an sechstausend Klosterbrüder erschienen. Schach Abbas wusste gar nichts von der Existenz des Klosters von Garedscha, welches einige Meilen von Tiflis auf einem Berge in der Karaischen Steppe stand, allein gegen Morgen bemerkte er in der Ferne einen ungewöhnlichen Lichterglanz, denn eben verliessen die Mönche in Prozession die Kirche und das Gefunkel von sechstausend Kerzen strahlte weit in die Nacht hinaus. Sofort befahl Abbas seinen Reitern aufzusitzen und zum Kloster hinzusprengen, wo sie unter den wehrlosen Brüdern ein grauenvolles Blutbad anrichteten, denn fast keiner derselben wurde im Gemetzel verschont. Derselbe Usurpator verwüstete noch viele andere Klöster und Kirchen und Tausende von Männern und Frauen liess er in die Gefangenschaft nach Persien abführen, wo sie den Islam annehmen mussten. Noch heute bestehen in der Umgegend von Isfahan georgische Niederlassungen, die zur Zeit des Schach Abbas entstanden sind.

Alle Niederlagen, welche den Georgiern im Laufe der Jahrhunderte von ihren mahomedanischen Gegnern beigebracht wurden, liessen Spuren an ihren Kirchen zurück und an dem Schicksale des Domes zu Mzchet kann man gewissermassen die Geschichte anderer georgischer Gotteshäuser ermessen.

Die ursprüngliche Kirche entstand gegen Ende des fünften Jahrhunderts zur Regierungszeit des Königs Wachtang, welcher hier auch gleichzeitig die Residenz der georgischen Patriarchen errichtete. Im Jahre 1318 wurde sie

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Arthur Leist: Georgien. Natur, Sitten und Bewohner. Verlag von Wilhelm Friedrich, Leipzig 1885, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Georgien._Natur,_Sitten_und_Bewohner.pdf/82&oldid=- (Version vom 1.8.2018)