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welcher ruhig nebenhergeht und ausser seinem Kinschal keine andere Waffe bei sich trägt, schaut ziemlich grimmig zum Lesgier hinauf, der seit lange her sein erbitterter Feind ist. Weiter erscheint gleichfalls hoch zu Ross eine Schar Chewsuren, denen natürlich auch der Kinschal nicht fehlt und die auf den Köpfen die unvermeidliche, aber auf wahrhaft wilde Art zerzauste Schafsmütze tragen. Diese Art Kopfbedeckung erscheint hier in den verschiedensten Formen und sitzt ewig auf diesen schwarzhaarigen Köpfen, auch, dass der Schweiss stromweise über das Gesicht herabtriefe. Der praktische Orientale zieht sie des Abends nur nach hinten und bedient sich ihrer beim Schlafen als Kopfkissen, das gewiss oft weicher ist als sein ganzes Lager. Auch der scheinbar ernste und pfiffige Perser, der es besser als irgend Jemand versteht, Käufer in seinen Laden zu locken und seine Waaren an den Mann zu bringen, trägt gleichfalls eine hohe Schafsfellmütze, obgleich ihm eine aus Fuchsfell verfertigte Kopfbedeckung weit besser stände, denn dieser so süss lächelnde und noch süssere Worte umherspendende Kunde ist gewöhnlich ein durchtriebener Betrüger. Ein morgenländisches Sprüchwort lautet: Ein Grieche betrügt drei Juden, ein Armenier drei Griechen, ein Perser drei Armenier!

Die Gallerie der Typen und bunten Gestalten ist lange noch nicht erschöpft, denn ausser den Vertretern der oben erwähnten Völkerstämme beleben den Tifliser Bazar noch viele andere und auch der deutsche Kolonist fehlt nicht in ihrer bunten Menge. Seit nahezu vierzig Jahren wohnen nämlich in der Umgegend von Tiflis deutsche Ansiedler, die grösstenteils aus Würtemberg stammen und bis heute Tracht und deutsche Sitte bewahrt haben. Die meisten von ihnen sind längst wohlhabende Leute, denn ausser dem Ackerbau betreiben sie auch Handwerke, die hier zu Lande sehr nutzbringend sind.

Auch der Jude fehlt nicht in dem den Bazar belebenden

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Arthur Leist: Georgien. Natur, Sitten und Bewohner. Verlag von Wilhelm Friedrich, Leipzig 1885, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Georgien._Natur,_Sitten_und_Bewohner.pdf/19&oldid=- (Version vom 1.8.2018)