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Von dieser Stunde an währt das rege Treiben fast bis zum Morgen und von der Strasse her erschallt ein ununterbrochenes Wagengerassel, aus den Gärten tönt Musik und Gesang. Die Georgier lieben nämlich das Vergnügen und halten gern lange dabei aus, so dass während der Sommernächte in vielen Häusern und Gärten die Lichter nicht erlöschen. In einer solchen Nacht lohnt es der Mühe, einen der die Stadt umgebenden Berge zu besteigen und von dort auf das in einem Lichtmeere schwimmende Häuserlabyrinth niederzuschauen. Das Bild der ziemlich umfangreichen Stadt gewährt da mit seinen vielen, gleichfalls im Lichterglanze schwimmenden Gärten, durch die sich der glitzernde Kur wie ein mächtiger Silberpfad hindurchschlängelt, einen wirklich schönen Anblick. Tiflis liegt überhaupt sehr malerisch und wäre es noch mehr, wenn die es umgebenden Berge mit Wäldern oder Gärten besetzt wären. So aber beschränkt sich sein Reiz auf die Verschiedenartigkeit seiner Stadtteile, während seine nächste Umgebung jedenfalls reizlos ist. Die Mannigfaltigkeit der Stadt selbst wird durch zahlreiche Paläste und Kirchen noch bedeutend gehoben.

Auch im europäischen Stadtteile sind viele der Häuser und Paläste im georgischen Style gebaut, nämlich nur einstöckig und von der Vorder- und Rückseite mit einer Gallerie oder einem Balkon umgeben, deren Gitter oder Geländer gewöhnlich ziemlich geschmackvoll aus Holz geschnitzt sind. Der Styl dieser Holzschnitzereien scheint aus Persien zu stammen, wenigstens erinnert er in hohem Grade an den persischen Styl und besteht wie dieser aus Verzierungen von Arabesken, Blumen und Blättern. Alle Gallerieen und Balkone sind mit einem Dache versehen, dessen Tragpfeiler gleichfalls mit Schnitzereien verziert sind. Auf diesen Balkonen, die immer von zwei Seiten des Hauses errichtet sind, um zu verschiedenen Tageszeiten Schutz gegen die Sonne zu gewähren, kann man des

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Arthur Leist: Georgien. Natur, Sitten und Bewohner. Verlag von Wilhelm Friedrich, Leipzig 1885, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Georgien._Natur,_Sitten_und_Bewohner.pdf/13&oldid=- (Version vom 1.8.2018)