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der Bauern vom Frohndienste, da diese freie Staatsbürger geworden waren und sich Manches in Georgien zum Bessern gewendet hatte, trat er von seinem Posten ab und widmete nun seine schriftstellerische Thätigkeit der Verherrlichung des Vaterlandes. Jetzt liess auch der Sturm, der gegen ihn gewütet, allmählich nach und die meisten seiner Landsleute gestanden ihm zu, dass er ihnen zur Selbsterkenntnis verholfen hatte.

In seinem historischen Gedichte „Mutter und Sohn“ zeigte er die Macht der Vaterlandsliebe, wie sie einst die Georgier der Vorzeit beseelte. Die Mutter soll ihren einzigen Sohn in den Kampf ziehen lassen, aber ihr Mutterherz wird wankelmütig, denn der Sohn ist ja die einzige Freude und Hoffnung ihres Lebens. Doch die Liebe zum Vaterlande siegt endlich in ihr und wie eine Spartanerin ruft sie aus: „Er ist die einzige Stütze meines Alters, aber nimm ihn hin, o Vaterland, er gehört dir! Ja, es betrübt mich, dass ich dir an einem so verhängnisvollen Tage nur einen Verteidiger opfern kann.“

Nicht minder erhaben erscheint der Patriotismus in einem anderen gleichfalls historischen Gedichte „Die Selbstaufopferung des Demetrius.“ Im „Phantome“ lässt der Dichter die Vergangenheit Georgiens vorüberziehen und mit folgenden Worten charakterisiert er das ehemalige Geschick und die Mission seines Vaterlandes: „O Georgien, du Perle und Zierde der Erde! Wieviel Leid und Elend hast du nicht für den Christusglauben ausgestanden! Sag’ an, welches andere Land hatte einen so dornigen Pfad zu durchschreiten wie du? Wo ist ein Land, welches einen so erschöpfenden, zwanzig Jahrhunderte währenden Kampf ausgehalten hätte ohne von der Erde zu verschwinden? Du, Georgien hast es allein vermocht! Kein anderes Volk kommt dem deinigen an Ausdauer gleich. Wie oft vergossen nicht deine Söhne zu deiner Verteidigung ihr Blut! Jede Spanne deines Bodens ist damit befruchtet. Und

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Arthur Leist: Georgien. Natur, Sitten und Bewohner. Verlag von Wilhelm Friedrich, Leipzig 1885, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Georgien._Natur,_Sitten_und_Bewohner.pdf/126&oldid=- (Version vom 1.8.2018)