Seite:Georg Rusam - Geschichte der Pfarrei Sachsen.pdf/146

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

werden. Da die Arbeit hieran als „unehrenhaft“ galt, wurde hierbei die ganze Bürgerschaft samt Pfleger, Gerichtsschreiber und Schöffen aufgeboten, damit hernach niemand den Arbeitern einen Vorwurf aus ihrer Galgen-Arbeit machen konnte. So zogen 1659 die Genannten mit Gewehren, Trommeln und Pfeifen hinaus zum neuerrichteten Galgen, wobei am Schluß zwei Gewehrsalven und drei Kanonenschüsse losgelassen wurden. An der Stelle, wo der Weg zum Galgen von der öffentlichen Verkehrsstraße zwischen Lichtenau und Volkersdorf abzweigte, stand einst eine Marter, bei der noch Gelegenheit zu einer letzten Beichte gegeben war. Ein Überrest von dieser Marter ist jetzt noch dicht an der Straße zu sehen, ein niedriger Stein mit der Inschrift: „Das letzte Stündlein; Herr erbarme dich!“

 Um ein Bild von der damaligen Strafrechtspflege zu geben, seien einige Fälle aus der Lichtenauer Fraisch angeführt:

 1539. Michael Ströhlein von Rutzendorf ist gefährlich verwundet worden, die Täter sollen verwahrt werden; vom Hause des Ströhlein ist ein Span zum Zeichen der Fraischhoheit zu nehmen. (Das Heraushauen eines Spans, meist aus dem Türpfosten, war ein alter Rechtsbrauch, zum Zeichen, daß nun das zuständige Gericht die Sache in die Hand genommen habe.)

 1596. Der „unruhig Kunz Rehar zu Rodmersdorf“ hat den Weidenmüller Pankraz Streiter verwundet; er soll des Landes verwiesen werden.

 1659. Ein junger Bursche wurde wegen sodomitischer Unzucht (widernatürlicher Unzucht mit Tieren) zum Feuertode verurteilt und lebendig verbrannt.

 1701. Ein Knecht wurde aus dem gleichen Grunde mit dem Schwert hingerichtet.

 1719. Der „Seeschneider“ wurde mit dem Strang am Galgen hingerichtet, wobei 226 Bürger und andere Untertanen mit ihren Gewehren aufmarschierten.

 1724. Die Jägerstochter Marianne Walburg Reich von Lichtenau wurde mit dem Schwert hingerichtet, weil sie ein Kind heimlich geboren hatte und es dann „verwahrlosen“ ließ. Ihre Helferin, Apollonia Fischer, wurde an den Pranger gestellt und hernach ausgehauen.

 1736. Die Kindsmörderin Elisabeth Piller von Zandt wurde mit dem Tode bestraft (jedenfalls mit dem Schwert).

 1753. Johann Brodwolf von Lichtenau wurde wegen Notzucht 3 Tage nacheinander mit je 25 Stockschlägen gezüchtigt und dann des Landes verwiesen.

 Mit dem Übergang des Landes an Bayern i. J. 1806 hörte alle Gerichtsbarkeit in Lichtenau auf und der Galgen verlor sein Daseinsrecht.