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gab ihm den Todesstoß; das Reich löste sich auf, der letzte Deutsche Kaiser legte i. J. 1806 die Krone nieder und behielt nur noch den Titel eines Kaisers von Österreich und Königs von Ungarn.

 Die deutschen Fürsten waren fortan völlig selbständig. Aber eben darum hatten sie nur wenig Bedeutung im Völkerleben Europas. Eine Ausnahme bildete lediglich das Königreich Preußen, das sich im Laufe der[WS 1] Zeit mächtig entfaltet und vor allem seit Friedrich dem Großen (1740–1786) europäische Geltung gewonnen hatte. Es trat damit in Gegensatz zu Österreich, das sich als erste Macht in Deutschland betrachtete und die deutschen Fürsten nach seinem Willen lenken wollte. Der Krieg von 1866 zwang Österreich, diese seine Ansprüche aufzugeben und überhaupt aus der Reihe der deutschen Fürsten auszuscheiden. Preußen schloß zunächst unter Bismarcks Leitung mit der Mehrzahl der deutschen Fürsten den „Norddeutschen Bund“ i. J. 1867. Als es 1870 zum Kriege mit Frankreich kam, schlossen sich auch die süddeutschen Fürsten dem Bunde an, und es zog Deutschland wieder einmal geeinigt in den Kampf wider seine Feinde. Die Einigkeit wurde dann noch während des Krieges auf eine feste Grundlage gestellt, indem die deutschen Fürsten dem Könige von Preußen die Deutsche Kaiserkrone anboten. Im Königsschlosse zu Versailles erfolgte am 18. Januar 1871 die Proklamation des neuen Deutschen Kaisers und damit die Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches.

 Wenn in diesem neuen Reiche auch die deutschen Fürsten noch viel von ihrer Selbständigkeit behielten, so schritt doch die Einigung in den nächsten Jahren rüstig vorwärts. Es wurde ein einheitlicher Deutscher Reichstag geschaffen, allerdings unter Beibehaltung der verschiedenen Landtage in den Einzel-Staaten. Die Fürsten und freien Reichsstädte bildeten zusammen einen Bundesrat. Ein einheitliches Münzwesen wurde hergestellt auf der Grundlage der Mark; ein einheitliches „Bürgerliches Gesetzbuch“ wurde am 1. Januar 1900 eingeführt; das Strafrecht, das Heereswesen, Post und Bahn usw. wurden mehr und mehr vereinheitlicht. Das Deutsche Reich stieg in dieser Zeit mächtig empor; es gelangte zu hoher Blüte und zu gewaltigem Ansehen im Rate der Völker.

 Aber dann kam als Abschluß der Einkreisungspolitik Englands der Weltkrieg und als dessen Abschluß das berüchtigte Friedensdiktat von Versailles, das eine neue Entmächtigung Deutschlands brachte. Das Deutsche Reich wurde zur Republik erklärt, alle Fürsten mußten abdanken; die einzelnen Länder blieben zwar noch bestehen, aber als Freistaaten. Eine neue Reichsverfassung wurde ausgearbeitet, ein neuer Reichstag mit einer Menge von Parteien gewählt.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: des