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bezeugte es Pfarrer Kißling ausdrücklich, daß er an den Sonntagen nachmittags den Katechismus Luthers vornehme; und die vorhandenen Visitationsprotokolle lassen klar erkennen, daß bei den Visitationen neben der Jugend stets auch die Erwachsenen in den christlichen Wahrheiten befragt und geprüft wurden. Daneben gab es noch Wochengottesdienste, in Sachsen jeden Dienstag und Freitag, anfangs auch in Neukirchen einmal wöchentlich.

 Das heilige Abendmahl wurde jetzt in beiderlei Gestalt gefeiert, d. h. nicht mehr nur mit der Spendung der Hostie, sondern auch mit der Darreichung des Kelches. Taufe und Abendmahl wurden allein noch als Sakramente beibehalten, während die übrigen fünf Sakramente der bisherigen Kirche teils fallen gelassen wurden, wie die Letzte Ölung, teils nur noch als heilige Handlungen beibehalten und in evangelischem Sinne umgestaltet wurden. Letzteres geschah vor allem mit der Ohrenbeichte, die fortan nur noch als Einzelbeichte oder auch als Privatbeichte fortbestand.

 Die Verehrung der Heiligen, ihre Anrufung um Fürbitte, die Opfer und Stiftungen für sie, die Feier ihrer Gedenktage kamen ebenfalls in Wegfall. Beibehalten wurden die eigentlich christlichen Feste, wie wir sie jetzt noch haben, dazu aber noch das Epiphaniasfest (6. Jan., der „Obersttag“ oder „Erscheinungstag Christi“). Der Neujahrstag galt als „Beschneidungstag Jesu“. Daneben blieben aber auch die Apostel- und Marientage bestehen: Mariae Reinigung (2. Febr., Lichtmeß), Mariae Verkündigung (25. März), Mariae Himmelfahrt (15. August, nicht in katholischem Sinne, sondern als Mariae „Heimgang“), die Tage der Apostel Matthias (24. Febr.), Philippus und Jakobus des Jüngeren (1. Mai), Petrus und Paulus (29. Juni), Jakobus des Älteren(25. Juli), Bartholomäus (24. Aug.), Matthäus (21. Sept.), Simon und Judas (28. Okt.), Andreas (30. Nov.) und Thomas (21. Dez.). Der Tag des Apostels Johannes (27. Dez.) galt wohl als miteingeschlossen in die beiden vorangehenden Weihnachtsfeiertage, wobei der zweite (26. Dez.) noch besonders dem Gedanken an den ersten Märtyrer Stephanus gewidmet sein sollte. Gefeiert wurde auch noch der Tag Johannis des Täufers (24. Juni). Am jeweils nächstliegenden Sonntag vor oder nach Michaelis (29. Sept.) wurde das Engel- oder Michaelisfest gefeiert; am Sonntag vor oder nach Martini sollte Luthers als des großen Reformators gedacht werden. Es waren noch reichlich viele Feiertage, die so aus der alten Zeit übernommen wurden; aber man glaubte sie doch beibehalten zu sollen, nicht zum letzten auch als besondere Ruhetage für das Volk.

 Daß die Fasttage verschwanden, ergab sich von selbst. Die sogenannte Fastenzeit vor Ostern wandelte sich von selbst in eine Passionszeit