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bis zur Stunde, daß es an den Orten und in den Ländern, wo dem Volke durch kirchliche Architektur, Malerei und Plastik das Erhabenste vor Augen gestellt ist, im religiös-sittlichen Leben des Volkes nicht besser, sondern meist schlimmer steht, als anderwärts, wo derartiger kirchlicher Schmuck fehlt oder grundsätzlich fern gehalten wird. Die Erfahrung lehrt ferner, daß die Schöpfer, Kenner und Bewunderer von dergleichen kirchlichen Kunstwerken bezüglich des religiös-sittlichen Lebens vor andern Menschen nichts voraus haben. Von den in Rede stehenden Kunstgebilden gilt dasselbe, was vorhin von der Tonkunst gesagt wurde: „Die Künste insgesammt tragen unendlich viel bei zur Verschönerung des Lebens, insonderheit zur Verherrlichung des kirchlichen Gottesdienstes; aber feste religiös-sittliche Grundsätze werden durch sie nicht eingepflanzt.“

Die reformatorisch gesinnten Klosteräbte von Schopper an suchten durch Einführung des lutherischen Lehrbegriffs das religiös-sittliche Volksleben zu verbessern. Die lutherische Lehre und Gottesdienstordnung wurde auf dem Klostergebiete oktroyirt und ohne viel Widerrede angenommen. Es wurde fortan in diesem Sinne gepredigt, der Katechismus gelehrt, das heilige Abendmahl gehalten, die Kirchenvisitation eingeführt, Kirchenzucht geübt, in obrigkeitlichen Erlassen zum Kirchenbesuch und zur Buße ermahnt. Als nach jahrelanger Praxis die mit Zuversicht erwartete religiös-sittliche Besserung nicht eintrat, sondern vielmehr Verschlimmerung, da sprachen sich die Äbte, ingleichen die Markgrafen und deren Räthe aus wie folgt: „Wir erfahren nicht sonder Entsetzung, daß solche Laster seither noch mehr überhand genommen, welches uns bei so heller und klarer Lehre des allein seligmachenden Wortes Gottes gar entsetzlich zu hören. Ob wir wohl vor guter Zeit allerlei Mandate haben ausgehen lassen und in guter Hoffnung gestanden, dieselbigen sollten bei fleißiger Bestellung des heiligen Predigtamts, des Gebrauchs des hochwürdigen Sakraments und christlicher Ceremonien, sonderlich auch Traktation des Katechismus, zur Förderung von Gottes Ehre und Wohlfahrt unserer Unterthanen gereicht sein: so finden wir doch,

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Georg Muck: Geschichte von Kloster Heilsbronn (Band 3). C. H. Beck’sche Buchhandlung, Nördlingen 1880, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Georg_Muck_-_Geschichte_von_Kloster_Heilsbronn_(Band_3).pdf/160&oldid=- (Version vom 1.8.2018)