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Männer bemüht, für den Fürsten nach wertvollen verkäuflichen Gemälden zu forschen und ihre Erwerbung zu vermitteln. Der bedeutendste von ihnen war der Graf Algarotti, ein interessanter Typus der vornehmen Kunstkenner jener Zeit, als Kenner gleich ausgezeichnet, wie als Diplomat. Für die sächsischen Gesandten oder Gesandtschaftssekretäre in Venedig, in Paris, im Haag und anderwärts bildeten die Verhandlungen über Gemälde-Ankäufe einen wichtigen Teil der Geschäfte. Bisweilen bekam dieser Kunsthandel durch den persönlichen Ehrgeiz der Beteiligten, durch Feindschaft zwischen Nebenbuhlern, durch Gewinnsucht und Intriguen aller Art einen sehr erregten Charakter. In Dresden hatte die offizielle Leitung des so ausgedehnten Getriebes derselbe Mann, der damals in Sachsen alle höchsten Staatsämter in seiner Person vereinigte, der „vielberufene“ Minister Augusts III, der Graf Brühl. Kann August III in mehr als einem Sinne dem vierten Philipp von Spanien verglichen werden, so war der Graf Brühl sein Olivares. In Sachen der Kunst, mit der Brühl, wie es scheint, wenig vertraut war, war sein Geheimsekretär Heinrich von Heinecken der wichtigste Ratgeber, ein Kunstkenner von umfassendem Wissen und ein Mann von seltener Thatkraft. Er war der eigentliche Direktor der Galerie und aller anderen dresdner Kunstsammlungen, obschon er nicht diesen Titel führte. Der ganze, die Bilder-Ankäufe betreffende geschäftliche Verkehr hatte in ihm seinen Mittelpunkt; die zur Erwerbung angebotenen Gemälde hatte er zu begutachten, sein Urteil fiel immer am stärksten ins Gewicht. Brühl selbst schrieb in einem Briefe an Heinecken: „La galerie est Votre production, et je n’en ay que l’honneur, mais à Vous appartient la gloire.“

Für die Richtung der künstlerischen Interessen Augusts III war hauptsächlich eine Reise, die er als Prinz nach Italien unternommen hatte, bestimmend gewesen. Die italienische Kunst, der italienische Geschmack ward von ihm in jeder Weise bevorzugt. An seinem Hoftheater fand die italienische Oper unter der Leitung Hasses, der damals der Hauptvertreter der italienischen Musikschule in Deutschland war, die glänzendste Pflege; den Italiener Chiaveri berief er zur Erbauung der katholischen Hofkirche; in der Malerei, in der August III bedeutende Kennerschaft besass, galt seine persönliche Neigung fast ausschliesslich den Italienern.

Seit seinem Regierungsantritt bis zum Anfang des siebenjährigen Krieges verging fast kein Jahr, in dem nicht die erlesensten italienischen Kunstschätze nach Dresden kamen. Am hellsten glänzen in den Annalen der Galerie die Jahre 1745 und 1754. In jenem kam der Ankauf von hundert Gemälden aus der Sammlung des Herzogs Franz III von Modena zustande, eine Erwerbung, durch die der Galerie eine blendende Fülle von italienischen Meisterwerken höchsten Ranges mit einem Male zugeführt wurde. Der Zinsgroschen Tizians, alle Correggios der Galerie, die vier grossen, für die Familie Cuccina gemalten Bilder Paolo Veroneses gehörten zu der modenesischen Erwerbung. Den herrlichsten Gewinn brachte das andere jener beiden Jahre. 1754 wurde Raffaels sistinische Madonna erworben.

Auch die Zahl hervorragender nichtitalienischer Bilder, die aus Italien nach Dresden gebracht wurden, war nicht gering. Aus Venedig kam die damals als Originalwerk gepriesene Holbeinsche Madonna; Holbeins Morette und Rubens’ hl. Hieronymus stammen aus der modenesischen Sammlung.

Das Hauptverdienst bei der Erwerbung niederländischer Gemälde, die auch in dieser Epoche auf das umsichtigste betrieben wurde, hatten ohne Zweifel Heinecken und der Galerie-Inspektor Johann

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Hermann Lücke: Die Königliche Gemäldegalerie zu Dresden. Franz Hanfstaengl, München 1894, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gem%C3%A4ldegalerie_Alte_Meister_(Dresden)_Galeriewerk_L%C3%BCcke.djvu/14&oldid=- (Version vom 26.12.2024)