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Lossent ir mich Herr genesen!
Ich mag uch wol nuz wesen,

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Und mag uch keinen schaden tun,

Noch minder dann ein arn[1] ein hün.
Der louwe liesz sin zurnen sin,
Und liesz gon das muselin,
Des wart es innerlichen fro.

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Ich wil es uch dancken, sprach es do.

Nu wart es nit lange gespart,
Das der louwe gefangen wart
In eim garn, das was stark.
Er hett geben dusend Marg,

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Das er darus wer gewesen,

Er wonde sicher, nit genesen.
Da er also gefangen lag,
Da kam die musz, ee dann der tag
Uffging, zu dem louwen hin.

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Sie sprach: Got Grusz uch, herr myn,

Was clagent ir? Was ist uwer tot?
Ich bin gefangen uff den tot,
Sprach der louwe zu der musz.
Sie sprach, Herr ir koment wol usz;

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Ich hilff, das ir blibent by den leben,

Wann[2] Ir hant mir das myn geben.
Was sol ich uch nu me sagen?
Die musz geriet[3] das garn nagen
Und mit den zenen bissen

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Und ouch garn zerrissen

Einzwey, da wart das loch grosz:
Den louwen das nit verdrosz.


  1. ar, Adler.
  2. Weil.
  3. Fieng an.
Empfohlene Zitierweise:
Christian Fürchtegott Gellert: Fabeln und Erzählungen. M. G. Weidmanns Erben und Reich und Caspar Fritsch, Leipzig 1769, Seite XVII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gellert_Schriften_1_A_018.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)