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Geduld.

Ein Herz, o Gott, in Leid und Kreuz geduldig,
Das bin ich dir und meinem Heile schuldig.
Laß mich die Pflicht, die wir so oft vergessen,
 Täglich ermessen.

5
     Bin ich nicht Staub, wie alle meine Väter?

Bin ich vor dir, Herr, nicht ein Uebertreter?
Thu ich zu viel, wenn ich die schweren Tage
 Standhaft ertrage?

     Wie oft, o Gott, wenn wir das Böse dulden,

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Erdulden wir nur unsrer Thorheit Schulden,

Und nennen Lohn, den wir verdient bekommen,
 Trübsal der Frommen!

     Ist Dürftigkeit, in der die Trägen klagen,
Sind Haß und Pein, die Stolz und Wollust tragen,

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Des Schwelgers Schmerz, des Neids vermißte Freuden,

 Christliches Leiden?

Empfohlene Zitierweise:
Christian Fürchtegott Gellert: Geistliche Oden und Lieder. Weidmannische Handlung, Leipzig 1757, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geistliche_Oden_und_Lieder-Gellert.djvu/99&oldid=- (Version vom 1.8.2018)