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Das Gebet.

Dein Heil, o Christ, nicht zu verscherzen,
Sey wach und nüchtern zum Gebet!
Ein Flehn aus reinem guten Herzen
Hat Gott, dein Vater, nie verschmäht.

5
Erschein vor seinem Angesichte

Mit Dank, mit Demuth, oft und gern,
Und prüfe dich in seinem Lichte,
Und klage deine Noth dem Herrn.

     Welch Glück, so hoch geehrt zu werden,

10
Und im Gebet vor Gott zu stehn!

Der Herr des Himmels und der Erden,
Bedarf der eines Menschen Flehn?
Sagt Gott nicht: Bittet, daß ihr nehmet?
Ist des Gebetes Frucht nicht dein?

15
Wer sich der Pflicht zu beten schämet,

Der schämt sich, Gottes Freund zu seyn.

     Sein Glück von seinem Gott begehren,
Ist dieß denn eine schwere Pflicht?
Und sein Wünsche Gott erklären,

20
Erhebt dieß unsre Seele nicht?

Sich in der Furcht des Höchsten stärken,
In dem Vertraun, daß Gott uns liebt,
Im Fleiß zu allen guten Werken,
Ist diese Pflicht für dich betrübt?

Empfohlene Zitierweise:
Christian Fürchtegott Gellert: Geistliche Oden und Lieder. in der Weidmannischen Handlung, Leipzig 1757, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geistliche_Oden_und_Lieder-Gellert.djvu/30&oldid=- (Version vom 1.8.2018)