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     Sprich nicht: Gott kennt mein Herz; ich hab es ihm verheißen,

Mich noch dereinst, mich bald vom Laster loszureißen;
Itzt ist dieß Werk zu schwer. Doch diese Schwierigkeit,
Die heute dich erschreckt, wächst sie nicht durch die Zeit?

     Je öfter du vollbringst, was Fleisch und Blut befohlen,

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Je stärker wird der Hang, die That zu wiederholen.

Scheust du dich heute nicht, des Höchsten Feind zu seyn:
Um wie viel weniger wirst du dich morgen scheun!

     Ist denn die Buß ein Werk von wenig Augenblicken?
Kann dich kein schneller Tod der Welt noch heut entrücken?

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Ist ein Geschrey zu Gott, ein Wunsch nach Besserung,

Und Angst der Missethat, die wahre Heiligung?

Empfohlene Zitierweise:
Christian Fürchtegott Gellert: Geistliche Oden und Lieder. Weidmannische Handlung, Leipzig 1757, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geistliche_Oden_und_Lieder-Gellert.djvu/121&oldid=- (Version vom 1.8.2018)