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zu einem Kaufmann, um die Kaufmannschaft zu erlernen. Hier sahe ich, daß die Lutheraner eben so schlecht lebten, als meine vorigen Glaubens-Genoßen. Auch kriegte ich Nachricht von Leuten die man Pietisten nannte, welchen man viel Böses nachsagete. Ich wurde mit ihnen bekannt, kam in ihre Gemeinschaft, u. lernte meinen elenden Herzens-Zustand immer beßer kennen, kam aber auch in eine solche Verwirrung, daß die guten Leute über mich verlegen wurden. Sie verschaften mir so dann Gelegenheit, daß ich anno 37. im Sept. von Biberach abreiste, u. d. 9. ten Oct. nach Ebersdorf kam, wo die gnädige Herrschaft mich sogleich in ihre Dienste nahm. Hier gefiel es mir sehr wohl, u. die Geschwister beschämten mich mit ihrer Herzlichkeit u. Liebe. Ich fühlte mich sehr elend u. verdorben, u. war sehr verlegen, ob der Heiland sich noch über mich erbarmen würde. So ging ich fort, bis am 24. ten Jan. 1738. der Heiland sich mir auf eine so kräftige u. fühlbare Weise offenbahrte, daß ich vor Freude u. Gefühl Seiner Nähe u. Freundlichckeit gegen mich Armen, ich möchte wol sagen, außer mir war, ich fühlte in dem blutigen Verdienst meines Heilands Gnade u. Friede, konnte Ihn über alles lieben, u. gab Ihn mein ganzes Herz hin. Bald darauf wurde ich bey innigstem Wohlseyn meines Herzens des

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: Gemein-Nachrichten - Beylagen 1774,3. , Herrnhut 1774, Seite 390. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:GN.A.171_Gemein-Nachrichten_1774,3.pdf/394&oldid=- (Version vom 9.9.2024)