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Mein alter Groß-Vater, ein frommer Mann, erzehlte mir ofte, daß Gott alles geschaffen, u. uns zu Seinem Ebenbilde gemacht hätte; Er hätte uns auch seinen einigen Sohn gegeben, um für unsre Sünden zu sterben. Anno 1711. nahm mich mein Vater zu sich, um sein Handwerck zu treiben. 1714. verließ ich meines Vatershaus u. ging nach Pohlen. Ich wurde für einen frommen Menschen gehalten, weil ich fleißig in die Kirche ging, u. erbauliche Bücher las. Ich gewann aber Lust zur Welt, u. da ich nach meines Vaters Tode 1719. nach Hause kommen muste; so wurde ich ganz in dieselbe verflochten. Endlich aber ließ ich alles im Stich, ging hieher nach Berlin, wurde bald Bürger u. Meister hieselbst, u. trat in die Ehe, in der der Heiland mir 5. Kinder geschencket, die aber schon alle bey Ihm daheime sind.

Weil ich stille u. eingezogen lebte, so ward ich für fromm gehalten, dachte auch selbst meiner Seligkeit gewiß zu seyn, ob mir gleich der Heiland u. Seine Wunden immer unbekannt blieben. 1740. wurde ich mit den Brüdern bekannt, kam aber wegen meiner eingebildeten guten Sachen nicht zum Genuß der wahren Seligkeit. Die Brüder redten mir treulich zu, u. ich bat den Heiland mir doch meines

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: Gemein-Nachrichten - Beylagen 1774,3. , Herrnhut 1774, Seite 382. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:GN.A.171_Gemein-Nachrichten_1774,3.pdf/386&oldid=- (Version vom 9.9.2024)