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Friedrich von Rath: Hexenprozesse. In: Morgenblatt für gebildete Leser. Band 38, Nr. 233–267

Hexenprozesse.
(Fortsetzung.)

Auf solche elende, gottvergessene Anklage hin ward ein Mann zum Tode geführt, der sich ungeachtet seines geringen Standes weit über den damaligen blutdürstigen Aberglauben erhob. Wenn wir auch annehmen müssen, daß noch andere, bei den gewöhnlichen Hexenprozessen nicht obwaltende Ursachen zu seinem Verderben mit in’s Spiel gezogen wurden, worunter wahrscheinlich seine geäußerten protestantischen Grundsätze obenan stehen, so sehen wir doch aus den übrigen zahllosen, zu jener Zeit geführten gleichen Untersuchungen, daß alle die blutigen Urtheile auf nicht weniger erbärmlichem Gründen beruhten. Um aber den armen Thomas und seine Zeit ganz kennen zu lernen, müssen wir noch einige Briefe mittheilen, die sich bei den Akten weiter vorfinden, und welche neben den schon mitgetheilten diesen Prozeß zu einem der merkwürdigsten machen, die bis jezt aufgefunden worden sind. Sicher werden sie nicht ohne Rührung gelesen werden.

Thomas Schreibers Abschiedsbrief an seine Frau und Kinder lautet folgendermaßen:

„Meinem herzallerliebsten, freundlichsten, herzlichsten lieben Herzen und Weibe sammt meinen armen, nunmehr verlassenen Kinderlein zu tausend guter Nacht und traurigem Abschied.“

„Allerliebstes Anneley, allerliebster Schatz und getreues Weib! Gott sey es im Himmel geklagt, daß ich

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich von Rath: Hexenprozesse. In: Morgenblatt für gebildete Leser. Band 38, Nr. 233–267. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 1062. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedrich_von_Rath_Hexenprozesse.pdf/46&oldid=- (Version vom 1.8.2018)