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Friedrich von Rath: Hexenprozesse. In: Morgenblatt für gebildete Leser. Band 38, Nr. 233–267

Hexenprozesse.
(Fortsetzung.)

Die Frage des IX. Artikels, ob sie die reine Wahrheit bekannt u. s. w., ward in der Regel von den Inquisiten zulezt auf das Eifrigste bestätigt und bekräftigt. Viele erboten sich sogar, auf die Wahrheit ihrer Aussagen das Abendmahl zu nehmen, was ihnen auch gestattet wurde.

Solches waren die Fragen, welche bei den vorliegenden Hexenprozessen in Betracht kamen, auf deren freiwillige oder durch die Folter erpreßte Bejahung, mit höchst seltenen Ausnahmen, Tod durch Feuer, oder in gelinden Fällen durch das Schwert erfolgte. Sehr viele der in entferntern Ordensgebieten, z. B. in Ellingen, geführten Untersuchungen liegen nur in Urgichten vor, d. h. in kurzen Auszügen der Protokolle, in welchen bloß die nach der Tortur oder vor derselben freiwillig abgelegten Geständnisse verzeichnet sind. Diese Urgichten wurden sodann an den oben erwähnten Gerichtshof in Mergentheim eingesendet, der dann das Urtheil fällte. Auf der äußern Seite dieser Akten steht dann bloß ganz kurz z. B.: „Guetliche und peinliche Urgichten Barbara Michael Bauners zu Hausen Ehlichen Haußfrawen, welliche uff Sambstag den 17. Martii anno 1590 (an welchem Tage noch neun andere Weiber mit ihr verbrannt wurden) geübter Hexerei halber zur Ellingen mit dem Feuer vom Leben zum Tode gebracht worden.“ Daß nur in sehr seltenen Fällen Freilassung der einmal in Untersuchung Gezogenen erfolgte, daß dieß erst gegen das Ende der in Mergentheim geführten Hexenprozesse vorkam, ist schon früher angeführt worden. Es möge hier ein solches Beispiel folgen.

Ameley Frey, die Stieftochter des, um der gleichen Untersuchung zu entgehen, flüchtig gewordenen Jakob Frey, ein zwanzigjähriges Mädchen, wurde am 7. Juni 1629, der Hexerei wegen, so vier Personen auf sie bekannt, gefänglich eingezogen. Am 7., 8. und 9. Juni hält sie mit heroischer Standhaftigkeit alle Grade der Folter aus, bittet in ihrem Gefängniß ihre Wächter, mit ihr zu beten, daß Gott den heiligen Geist zu ihrer Hülfe senden möge, und gesteht trotz aller Confrontationen und der gräßlichen Marter nichts ein. In schwerer Gefangenschaft gehalten, wird sie erst am 22. Januar 1630 wiederum verhört, jedoch ohne Folter, beharrt auf ihrer Unschuld und wird nun am 11. Februar gegen Urphede entlassen. Eine solche Freilassung war aber eine üble Entschädigung für die ausgestandene Pein. Die von der Verhafteten unterschriebene weitläufige Urphede lautet im Auszuge folgendermaßen. Sie bekennt, daß sie nur aus großer Gnade Sr. fürstlichen Durchlaucht wegen des

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Friedrich von Rath: Hexenprozesse. In: Morgenblatt für gebildete Leser. Band 38, Nr. 233–267. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 993. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedrich_von_Rath_Hexenprozesse.pdf/24&oldid=- (Version vom 1.8.2018)