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auch für unsre Vereinigung Raum zu geben. Ueber die andere Verdächtigung, als wollten wir die Meißner beseitigen, brauche ich wenig zu sagen. Wir verrieten doch ein geringes Verständnis der kirchlichen Lage, wenn wir gegen jene, mit denen wir in so vielem zusammenstimmen, das prophetische Wort Christi auf uns anwenden ließen: Des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein. Wir nehmen gern bei unsrer ersten Zusammenkunft Anlaß, dem Leiter der Meißner Konferenz, Herrn Prof. D. Fricke, dem immer regen und frischen Vorkämpfer protestantischen Geistes, dem erfolgreichen Förderer evangelischen Lebens, unsern aufrichtigsten Dank für seine Thätigkeit zu widmen und einen verehrungsvollen Gruß mit der Versicherung zu senden, daß wir unsrerseits aufrichtig bemüht sein werden, die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens zu halten.

 Gewiß, in einigen Punkten weicht die Art unsres Vorgehens von der Meißner ab. Wir legen den allergrößten Wert auf eine starke Beteiligung von Nichtgeistlichen an unsrer Vereinigung. Durch die gemeinsame Arbeit mit uns wird ihnen das Wesen unsrer Kirche klarer und lieber werden, und durchdrungen von neuem Vertrauen zu ihr, werden sie gern dafür eintreten, daß diese ihren Platz im Leben unsres Volkes behaupte und erweitere. Uns Theologen aber wird die Berührung und Verständigung mit denen, die mitten in den Anschauungen der Gemeinde, bewegt von den Anforderungen des modernen Lebens stehen, einen genaueren Einblick in dieses, in seine Stimmungen, Empfindungen, Bedürfnisse gewähren und so uns ausrüsten, der Jetztzeit die alte und doch immer neue Wahrheit des Christentums mit größerem Erfolge ans Herz zu legen.

 Ein solches gemeinsames Wirken aber setzt eine Vereinigung voraus, die nicht bloß flüchtige Gäste in den gelegentlichen Besuchern ihrer Versammlungen hat, sondern die ihre Glieder auch sonst mit stärkerem Bande umschließt. Ich glaube nicht, daß eine öffentliche Einladung zu irgend einer kirchlichen Konferenz eine größere Schar von Nichtgeistlichen herbeizieht, wenn diese nicht durch das Gefühl, daß sie von Rechts wegen zu dieser Konferenz gehören, zu deren Versammlungen

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Friedrich Meyer: Die Kirche und die moderne Zeit. Georg Wigand, Leipzig 1898, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedrich_Meyer_-_Die_Kirche_und_die_moderne_Zeit.pdf/9&oldid=- (Version vom 10.7.2016)