an den Eisenbahnen zu wecken, werden wir nun erleben. Zunächst schrieb er gegen die Canalprojecte und wies immer von neuem auf die Vortheile der Eisenbahnen hin. Als er in Leipzig nach und nach als Vorkämpfer der Eisenbahnen bekannt wurde, trat er offener mit seiner Absicht, die öffentliche Meinung für ein deutsches Eisenbahntransportsystem zu gewinnen, heraus. Mit scharfem Blicke hatte er erforscht, daß der Bau einer Eisenbahn zwischen Leipzig und Dresden den geeignetsten Anfang dazu bilden werde, und er untersuche nun genau die Verkehrsverhältnisse zwischen diesen beiden Städten. Er ermittelte die Höhe des Fremdenverkehrs in Leipzig und berechnete darnach die muthmaßliche Ertragsfähigkeit der zukünftigen Bahn. Er bereiste die Strecke von Leipzig nach Dresden und zog in letzterer Stadt Erkundigungen ein über den Personenverkehr, den Steinkohlen-, Holz- und Salztransport und veröffentlichte dann als Ergebniß seiner umfassenden Forschungen und Vorarbeiten im Jahre 1833 ein Schriftchen „Ueber ein sächsisches Eisenbahnsystem als Grundlage eines allgemeinen deutschen Eisenbahnsystems und insbesondere über die Anlegung einer Eisenbahn von Leipzig nach Dresden“.
Zum ersten Male in Deutschland, ja auf dem Continente wurde in diesem Werkchen für die Einführung der Eisenbahnen in einer Weise eingetreten, wie dies klarer und überzeugender nicht geschehen konnte, und es sei hierzu bemerkt, daß dieses nur noch in sehr wenigen Exemplaren[1] vorhandene Buch heute um so interessanter ist, als dasselbe als eisenbahn- und culturgeschichtliche Quelle von höchstem Werthe geworden. Da ist nichts unerwähnt gelassen, was nur irgendwie geeignet war, den Werth und die Bedeutung der Eisenbahnen ins rechte Licht zu stellen. Meisterhaft ist das Für und Wider im allgemeinverständlichem Tone erwogen, und aus jedem Satze leuchtet die edle Begeisterung des Verfassers für sein Eisenbahnsystem von dessen neubelebender Kraft er sich so Großartiges für uns das deutsche Vaterland und im Engeren für Sachsen versprach. List hatte diese Schrift in einer Form verfaßt, in welcher sie zugleich als Eingabe an die sächsische Regierung gelten konnte. Er hatte dem Werkchen auch eine Karte beigegeben, auf welcher von ihm die Linien eines deutschen Eisenbahnsystems, wie er es sich dachte,
- ↑ Dem Verfasser dieses sind nur zwei bekannt geworden: das eine im Verein für Geschichte Leipzigs, das andere in der Leipziger Stadtbibliothek. Von ersterem Vereine wurde es dem Verfasser in dankenswerther Weise zur Verfügung gestellt.
Robert Krause: Friedrich List und die erste große Eisenbahn Deutschlands. Leipzig 1887, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedrich_List_und_die_erste_grosse_Eisenbahn.djvu/14&oldid=- (Version vom 18.8.2016)