Hugo Friedländer: Kulturhistorische Kriminal-Prozesse der letzten vierzig Jahre, Band 1 | |
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sei. Der Ermordete sei sehr gutmütig gewesen und habe niemandem etwas zuleide getan. Die medizinischen Sachverständigen stellten fest, daß auch ein Lustmord nicht vorliege. Das erwähnte Josephsche Dienstmädchen wiederholte vor den Geschworenen seine Bekundungen und ahmte auch das Heulen („Buh“) nach. Es wurde festgestellt, daß wenige Minuten, nachdem das Mädchen nach Hause gekommen war, ein bei Joseph arbeitender Maurer in angetrunkenem Zustande auf dem Boden seine Schlafkammer aufgesucht habe. Bei dieser Gelegenheit sei er einige Stufen hinuntergefallen. Dies war das Gepolter, das das Mädchen gehört hatte. In der Mordnacht hatte außerdem ein außergewöhnlich heftiger Sturmwind getobt. Er blies jedenfalls durch die Bodenfenster und hat das Heulen verursacht. Aber auch gegen Behrend reichte das Belastungsmaterial nicht aus, er wurde nach fünftägiger Verhandlung freigesprochen.
Der Mord ist bis heute unaufgeklärt geblieben.
In den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts unter der Herrschaft des Sozialistengesetzes tobte zwischen Polizei und den extremen Parteien ein heftiger Kampf. Die Anarchisten, deren Bewegung
Hugo Friedländer: Kulturhistorische Kriminal-Prozesse der letzten vierzig Jahre, Band 1. Continent, Berlin 1908, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Kulturhistorische_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1908).djvu/57&oldid=- (Version vom 31.7.2018)