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Hugo Friedländer: Kulturhistorische Kriminal-Prozesse der letzten vierzig Jahre, Band 1

verfiel schließlich in tiefen Schlaf. Bary gönnte dem „verstockten Sünder“ selbst den Schlaf nicht. Er beauftragte die Panduren, den „Judenjungen“ durch Knutenhiebe zu wecken. Der arme Knabe flehte um Schonung; er könne doch nicht etwas gestehen, wovon er nichts wisse. Da nun Bary einsah, daß seine Folterungen keinen Erfolg hatten, versuchte er es mit Güte. Er ließ den Knaben ausschlafen und ihm danach kräftiges Essen und Wein geben. Alsdann redete er dem Knaben in Güte zu. Er sagte ihm, er solle nicht mehr geprügelt werden, sondern sehr gut zu essen und zu trinken bekommen, wenn er ein Geständnis ablegen wolle. Es werde auch für seine Zukunft gesorgt werden. Wenn er aber nicht gestehe, dann werde er wieder geschlagen, alsdann in eine Grube geworfen und in ewiger Gefangenschaft gehalten. Dies hatte Erfolg.

Der kleine Moritz erzählte darauf dem Untersuchungsrichter alles, was dieser wünschte. Er habe durchs Schlüsselloch beobachtet, als am 1. April 1882 sein Vater und noch sieben Juden die Esther Solymosi in der Synagoge abschlachtet und in verschiedenen Gefäßen das Blut aufgefangen hätten. Allein trotz dieses „Geständnisses“ blieb Moritz Scharf, allen gesetzlichen Bestimmungen zuwider, in strengster Isolierhaft. Bary wollte augenscheinlich verhindern, daß dieser Kronzeuge sein Zeugnis ändere oder gar zurückziehe.

Am 18. Juni 1882 entdeckten Flößer in der Theiß in der Nähe von Tisza Eszlar eine weibliche Leiche, die anscheinend mehrere Wochen im Wasser gelegen hatte. Einige Flößer erkannten in

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Hugo Friedländer: Kulturhistorische Kriminal-Prozesse der letzten vierzig Jahre, Band 1. Continent, Berlin 1908, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Kulturhistorische_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1908).djvu/37&oldid=- (Version vom 1.8.2018)