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Hugo Friedländer: Kulturhistorische Kriminal-Prozesse der letzten vierzig Jahre, Band 1

besuchten. Gegen 12 Uhr nachts wurden die Bewohner Kroppenstedts durch lautes, unaufhörliches Tuten der Turm- und Nachtwächter aus dem Schlafe geweckt. Eine große Feuersäule loderte zum Himmel empor, die Mühle stand in Flammen. Die Bürger-Feuerwehr fuhr eiligst zur Brandstätte.

Die Rettungsmannschaften sahen, noch ehe sie an der Brandstätte angelangt waren, daß die Tür der Mühle sich öffnete, und ein dunkler, schwerer Gegenstand zur Erde fiel. Als sie näher hinzukamen, sahen sie den fünfzehnjährigen Müllerlehrling, die Hände auf den Rücken gebunden und einen Knebel im Munde, bewußtlos auf der Erde liegen. Das war der dunkle, schwere Gegenstand, der aus der Mühle zur Erde gefallen war. Schleunigst brachte man den jungen Mann in die Wohnung des inzwischen herbeigeeilten Müllermeisters. Der verunglückte junge Mann wurde zu Bett gebracht, und ein Arzt geholt, aber erst am folgenden Morgen war der Verunglückte vernehmungsfähig.

Er erzählte dem Bürgermeister, er habe, da Wind war, in der Mühle gearbeitet. Plötzlich habe es an der Mühlentür geklopft. Auf seine Frage, wer da sei, habe eine Stimme geantwortet: „Na, mag’ man upp.“ Er habe sich geweigert zu öffnen, es aber schließlich doch getan, da der Außenstehende gedroht habe, andernfalls die Tür einzuschlagen. Als er geöffnet hatte, seien zwei Männer mit berußten Gesichtern in die Mühle getreten und haben Getreide stehlen wollen. Da er das nicht dulden wollte, haben die Männer ihm einen Knebel in den Mund

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Hugo Friedländer: Kulturhistorische Kriminal-Prozesse der letzten vierzig Jahre, Band 1. Continent, Berlin 1908, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Kulturhistorische_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1908).djvu/18&oldid=- (Version vom 1.8.2018)