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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

einer stirbt, als daß für Einen Hunderttausende hingeschlachtet werden sollen. Danach ist Reinsdorf als Anstifter des Hochverrats zu bestrafen. Es ist nun in Erwägung zu ziehen, in welch schleichender Weise das Verbrechen zur Ausführung gebracht werden sollte. Während die Täter selbst in Sicherheit waren, sollte eine Explosion erfolgen, die geeignet war, eine große Anzahl von Menschen zu töten und zwar an einem Tage, der für ganz Deutschland ein Nationalfesttag war. Es ist des weiteren zu erwägen, daß gegen Se. Majestät den Kaiser der Mordversuch zunächst gerichtet war, der Landesherr von Rupsch, Küchler und Reinsdorf ist. Es ist den Angeklagten nicht gelungen, den Nachweis zu führen, daß sie aus politischen Motiven gehandelt haben. Das Verbrechen ist demnach eine ehrlose Handlung, es mußte mithin neben der Todesstrafe auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Was nun den Angeklagten Holzhauer anlangt, so hat sein Haus offenbar den Herd der anarchistischen Bewegung in Barmen-Elberfeld gebildet. In seiner Wohnung fanden mehrfach Zusammenkünfte statt, in denen Verschwörungen geplant wurden. Der Gerichtshof hat die Überzeugung gewonnen, daß Holzhauer dem Rupsch das Dynamit übergeben, ihn ebenfalls mit Instruktionen versehen und ihm durch Sammlungen das nötige Reisegeld verschafft hat. Ohne Holzhauer säßen Söhngen, Rheinbach und Töllner nicht auf der Anklagebank. Er hat diese zur Geldhergabe des Reisegeldes an Rupsch verleitet. Daß Holzhauer gleich Reinsdorf, Rupsch und Küchler mit voller Überlegung gehandelt hat, daß er wußte: es handle sich um die Tötung Sr. Majestät des Kaisers, ist zweifellos erwiesen, Holzhauer war deshalb, wie geschehen, wegen Beihilfe zum Hochverrat zu bestrafen. Bezüglich der Angeklagten Söhngen, Rheinbach und Töllner hat der Gerichtshof nicht als erwiesen erachtet, daß diese den wahren Zweck ihres Geldleihens gekannt haben. Aus diesem Grunde ist auf Freisprechung dieser Angeklagten erkannt worden. An

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 241. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/245&oldid=- (Version vom 24.7.2024)