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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

angesteckt, ebenso berühmt geworden, als durch den Umstand, daß er in der Tat den Tempel angesteckt hat. Reinsdorf soll nun Rupsch und Küchler angestiftet haben, den Kaiser zu töten. Allein die Instruktion, die Reinsdorf den beiden gab, war nicht geeignet, eine Tötung des Kaisers herbeizuführen. Nach den Auslassungen des Reinsdorf bin ich der Meinung: es ist den Angeklagten nicht darauf angekommen, den Kaiser zu töten, denn der Kaiser hat ihnen in Wirklichkeit nichts getan. Sie wollten eine Explosion vollführen, um, wie sie sich ausdrückten, den herrschenden Klassen von der bevorstehenden Unsicherheit Kenntnis zu geben. Ich glaube demnach, daß eine Verurteilung nach § 80 des Strafgesetzbuches nicht wird erfolgen können. Der gegenwärtige Prozeß ist ein politischer, die Angeklagten sind politische Verbrecher. Bei derartigen Prozessen ist die Richterbank gewöhnlich aus politischen Gegnern zusammengesetzt; dieser Prozeß hat aber das eigentümliche, daß nicht bloß die Richterbank, sondern auch die Verteidigerbank aus politischen Gegnern der Angeklagten zusammengesetzt ist. Es hat mich deshalb gefreut, daß der Herr Vertreter der Oberreichsanwaltschaft alle politischen Anzüglichkeiten aus dem Spiele gelassen hat, daß er es z. B. unterlassen hat, an den Patriotismus des hohen Gerichtshofes zu appellieren. Ich bin nun bemüht gewesen, meine eigene politische Überzeugung in den Hintergrund zu drängen und mich auf den politischen Standpunkt der Angeklagten zu stellen. Ich glaube, der hohe Gerichtshof wird bei der Beurteilung der Sache nicht außer acht lassen, daß die Angeklagten sich in politischer und sozialer Beziehung bedrückt glauben, und daß sie die Handlungen begangen haben, um ihrer Ansicht nach bessere politische und gesellschaftliche Zustände herbeizuführen. – Oberreichsanwalt Dr. Freiherr v. Seckendorff: Ich kann nicht umhin, die Auslassungen der Angeklagten als unerhört zu bezeichnen. Es kommt vor, daß ein Angeklagter die Schuld der andern auf sich nimmt. Selten

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/234&oldid=- (Version vom 24.7.2024)