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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

einige historische Reminiszenzen anführen. Nun sage ich, wenn es im Interesse der Gesamtheit liegt, dann darf man auch nicht vor einem Attentate zurückschrecken. Wenn es die Durchführung der anarchistischen Grundsätze gilt, dann darf man sich eben nicht scheuen, auch das Leben zu opfern. – Vors.: Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß Sie hier keine propagandistische Rede halten, sondern vor einem Gerichtshofe stehen, um Ihre Verteidigung zu führen. Ich fordere Sie also auf, die Grenze der Verteidigung innezuhalten. – Reinsdorf: Ich bin eigentlich nicht hier, um mich zu verteidigen, es ist mir sehr gleichgültig, ob ich meinen Kopf verliere. Ein Anarchist muß auch im Interesse der Sache zu sterben wissen. Wie sehr diese anarchistischen Ideen bereits unter die deutschen Arbeiter gedrungen sind, können Sie aus dem Verhalten Rupschs und der übrigen Angeklagten ersehen. Ich sage dem Rupsch, der die anarchistischen Ideen kaum kennt, einige Worte ins Ohr und er ist bereit, sofort das Attentat zu vollführen. Er erzählt meinen Auftrag anderen armen Arbeitern, diese tragen sofort die nötigen Gelder zusammen, um die Reise des Rupsch nach Rüdesheim zu ermöglichen. Rupsch ver- setzt sogar dazu seinen Koffer. Daß Rupsch die anderen Arbeiter mit in die Affäre gezogen, ist sehr unrecht, dies habe ich ihm ausdrücklich verboten. Er sollte den anderen irgend etwas vorspiegeln, damit sie ihm Geld geben, denn die Leute sind alle verheiratet und haben Kinder. Holzhauer hat fünf Kinder, Küchler ein halbes Dutzend usw. Rupsch ist dagegen ledig. Hätten diese später erfahren, zu welchem Zwecke das Geld gegeben worden, dann hätten sie sich nachträglich auch gefreut, daß sie es im Interesse einer guten Sache gegeben haben. – Vors.: Sie haben also den Rupsch beauftragt, zu der Enthüllungsfeier zu fahren und dort mittelst eines Dynamitattentates Se. Majestät den Kaiser, den Kronprinzen, Se. Majestät den König von Sachsen usw. zu töten? – Reinsdorf: Wer dadurch getötet werden

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/208&oldid=- (Version vom 20.7.2024)