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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

Vors.: Sagte Ihnen Reinsdorf nicht, wofür er Ihnen die 3 Mark gab? – Söhngen: Nein. – Vors.: Wunderten Sie sich nicht, daß Ihnen Reinsdorf ohne weiteres 3 Mark gab? – Söhngen: Nein, ich glaubte, Reinsdorf gebe mir das, da ich eine große Familie zu ernähren habe. – Auf weiteres Befragen des Vorsitzenden erzählte Söhngen noch: Im Monat Januar sei er in einer Versammlung gewesen, woselbst Küchler von einer versetzten Uhr gesprochen habe, etwas weiteres habe er jedoch nicht gehört. – Vors.: Nachdem Sie schon verhaftet waren, sind einige Exemplare der „Freiheit“ an Sie aus London angekommen? – Söhngen: Das ist möglich. – Der Angeklagte Töllner gab die Möglichkeit zu, daß er am 25. September bei Holzhauer gewesen sei; er sei jedoch an jenem Abend sinnlos betrunken gewesen und wisse absolut nicht, was dort gesprochen worden sei, ebensowenig, ob er jemandem Geld gegeben habe. – Alsdann wurde zur Vernehmung des Reinsdorf bezüglich der Niederwalddenkmal- und der Rüdesheimer-Affäre geschritten. Vors.: Reinsdorf, Sie sind beschuldigt, Rupsch und Küchler angestiftet zu haben: das Dynamitattentat zu begehen und dadurch Se. Majestät den Kaiser, den Kronprinzen und überhaupt alle diejenigen, die in der Nähe des Denkmals sich aufhielten, zu töten, und ferner den Rupsch und Küchler angestiftet zu haben, das Attentat in Rüdesheim zu begehen. – Reinsdorf: An dem ersten Attentat habe ich meine Hand im Spiele gehabt, das zweite haben Rupsch und Küchler auf eigene Faust getan; ich konnte nicht wissen, daß die beiden Leute die Dummheit begehen werden, 10 Schritt von der Festhalle eine Dynamitexplosion zu vollführen. Als nach dem sogenannten glorreichen Kriege die neue Ära begann, da sollte eine bessere Zeit anbrechen. Es sollten Zustände eintreten, die empfehlenswert und nachahmenswert seien, wie diese liberalen Phrasen alle lauteten. Für die Arbeiter hat jedoch die neue Ära nicht das mindeste gebracht. Die Arbeiter darben nach wie vor, sie

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 201. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/205&oldid=- (Version vom 20.7.2024)