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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

würde das Dynamit naß werden und nicht explodieren. Wir legten eine Steinkruke und eine Glasflasche, in denen Dynamit und Kupferhütchen enthalten waren, und verbanden diese Gefäße mittels einer Zündschnur, die wir bis zum Walde hinzogen. Ich bedeckte die Zündschnur mit Laub, Gras und Erde. Alsdann begaben wir uns nach Rüdesheim zurück. Wir begegneten einem jungen Manne, der uns ein Nachtquartier bei einem Schneider Engelmann nachwies. Am andern Morgen begaben wir uns in aller Frühe nach dem Festplatz und suchten die Dränage auf. Wir sahen noch sehr wenig Menschen. Ich sollte nun die Zündschnur entzünden, wenn der Kaiser nahte. Küchler wollte mich von Ferne beobachten. Als der kaiserliche Zug nahte, zündete ich die Schnur mittelst einer kalten Zigarre an. Die Explosion erfolgte infolgedessen selbstverständlich nicht. Ich trat hierauf zur Seite und grüßte Se. Majestät. Ich begab mich darauf zu Küchler. Dieser machte mir heftige Vorwürfe, daß die Explosion nicht erfolgt war. Ich sagte zu ihm: der Schwamm wird wohl zu naß geworden sein. Nun forderte mich Küchler auf, noch einmal zurückzukehren, neuen Schwamm an die Schnur zu befestigen, und wenn ich das letzte Hoch auf den Kaiser hörte, die Explosion zur Ausführung zu bringen. Zu dieser Zeit sollte nämlich der Kaiser den Festplatz laut Programm verlassen, bemerkte Küchler. Ich ging zurück, befestigte neuen Schwamm an die Schnur, und da ich mich von Küchler nicht beobachtet glaubte, schnitt ich mit meinem Taschenmesser die Zündschnur durch und zündete das abgeschnittene Ende an. Dies brannte auch ab, die Explosion konnte jedoch nicht erfolgen. Als der Zug vorbei war, traf ich mit Küchler auf einem Seitenwege zusammen. Küchler war nunmehr noch mehr ungehalten; er kam zur Dränageöffnung und untersuchte selbst die gelegte Mine. Er war jetzt auch der Meinung, daß die Schnur zu naß geworden sei. Wir gingen darauf nach Rüdesheim zurück. Nach eingetretener Dunkelheit holten wir das Dynamit

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/189&oldid=- (Version vom 20.7.2024)