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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

Schimpfartikel gegen mich, dies dürfte wohl mit der Grund zur plötzlichen Änderung seiner Gesinnung sein. – Küchler gab dies als möglich zu. – Am zweiten Verhandlungstage wurde zunächst Weber Palm (Elberfeld) als Zeuge vernommen: Ich wurde mit Reinsdorf im Mai 1883 bekannt. Ich wurde mit ihm befreundet, da ich gleich Reinsdorf aus Berlin ausgewiesen worden bin. Reinsdorf bekannte sich mir gegenüber als Anarchist und entwickelte derartig extreme Anschauungen, daß ich ihn entweder für einen sehr exaltierten Menschen oder für einen Polizeispion hielt. Reinsdorf sagte einmal: „Man muß nicht bloß vom Dynamit schreiben, sondern man muß es auch anwenden.“ Er sagte mir, er sei von London aus nach Deutschland zwecks Propaganda der anarchistischen Ideen gesandt worden; gleichzeitig seien zwei andere Agenten nach Österreich gesandt worden. Reinsdorf sagte: Wer ihn hier verrate, der würde auf Befehl von London getötet werden. Auf weiteres Befragen des Vorsitzenden gab Zeuge zu, daß unter seiner Adresse zwei Geldsendungen, einmal 20, das zweitemal 40 Mark an Reinsdorf aus London angekommen seien. Absender war ein gewisser Knauerhase. Reinsdorf verreiste einmal im Sommer 1883 auf kurze Zeit. Als er zurückkehrte erzählte er: er sei in Wiesbaden gewesen und wollte im dortigen Kursaale eine Dynamitexplosion vollführen. Er habe jedoch noch im letzten Augenblicke davon Abstand genommen, da ihm die dort in großer Anzahl versammelten Frauen und Kinder leid taten. Er sei in der am 30. August 1883 bei Holzhauer stattgehabten Versammlung gewesen. Dort sei davon gesprochen worden, daß die Arbeiter absolut kein Interesse an der Feier des bevorstehenden Sedanfestes hätten. Daß eine Dynamitexplosion vollführt werden sollte, habe er nicht gehört. Am 3. September 1883, abends, sei er, Reinsdorf, Küchler und Bachmann im „gemütlichen Gottlieb“, einem Restaurationslokale in Elberfeld, gewesen. Reinsdorf übergab dem Bachmann ein Packet, in dem, wie ich hörte,

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/181&oldid=- (Version vom 19.7.2024)