Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 7 (1912).djvu/177

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

Nur in dieser Weise kann das heutige Elend aus der Welt geschafft und die Arbeitszeit derartig verkürzt werden, daß die Menschen höchstens täglich zwei Stunden werden arbeiten müssen. Diese Idee wird sich Bahn brechen, das wird kein Reichsgerichtshof verhindern können. Daß wir die Ehe und die Familie abschaffen wollen, ist nur eine Erfindung liberaler Zeitungsschreiber. Ebensowenig beabsichtigen wir, zu teilen, wir wollen im Gegenteil dem heutigen Teilungssystem, das dadurch geübt wird, daß der Arbeitgeber den Löwenanteil in die Tasche steckt, während der Arbeiter nur einen Hungerlohn erhält, ein Ende machen. Wir sagen allerdings: Eigentum ist Diebstahl. Proudhon hat dies schon bewiesen und ich füge hinzu: Niemand kann allein Reichtümer hervorbringen; besitzt er demnach mehr, als er zum Leben nötig hat, so betrügt er seine Mitmenschen. Auch denken wir nicht daran, die Religion abzuschaffen. Wir wollen die Menschheit so erziehen, daß sie überhaupt nichts mehr glaubt und dann ist die Religion von selbst abgeschafft. Im anarchistischen Staate wird man selbstverständlich weder ein stehendes Heer, noch Polizei brauchen, denn die Arbeiter werden nicht mehr nötig haben, mit ihren Brüdern in Frankreich Krieg zu führen und es wird auch nicht notwendig werden, die Arbeiter ins Gefängnis oder Zuchthaus zu sperren. Es gibt ja allerdings auch schon heutzutage Freiheiten, Preßfreiheit, Versammlungsfreiheit usw. Allein ganz abgesehen davon, daß diese Freiheiten infolge des Sozialistengesetzes illusorisch sind, so kommen diese Freiheiten doch nur den oberen Zehntausend zugute. – Vors.: Das, was Sie uns gesagt haben, ist eigentlich nicht neu; es sind das im großen und ganzen die Grundsätze der Sozialdemokraten, nur daß Ihre Partei keine Zentralisierung will. Allein, selbst wenn sie nur die Bildung einzelner Föderationen anstreben, so ist es doch immer erforderlich, daß Gesetze existieren? – R.: Die Menschen müssen so erzogen werden, daß sie sich selbst nach Vernunftgesetzen

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/177&oldid=- (Version vom 19.7.2024)