Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 7 (1912).djvu/168

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

nicht, daß in der „Freiheit“ von Dynamit geschrieben werde, es muß auch angewendet werden. Wenn es mir möglich wäre, würde ich überall Dynamit hinbringen.“ Einmal machte er die Bemerkung: Wer ihn verrate, werde auf Befehl von London oder Amerika erschossen werden. Reinsdorf äußerte einmal zu Küchler: „Die Anarchisten und Sozialdemokraten verfolgen im allgemeinen dieselben Zwecke, nur die Taktik sei eine andere.“ Reinsdorf war mit den Anarchisten Baum und Waterstraat, die in dem Bräuderschen Hochverratsprozesse verwickelt waren, befreundet. Die Ehefrau des in dem Bräuderschen Prozesse außer Verfolgung gesetzten Schlossers Wolters, welche sich als religionslos und zur sozialdemokratischen Partei bekannte, unterstützte ihn mit Geld, sprach ihm brieflich ihre höchste Bewunderung und Verehrung“ aus und beklagte ihn wegen der vielen Gefahren, denen er ausgesetzt sei. Dem aus den Wiener Vorgängen bekannten Anarchisten Stellmacher war Reinsdorf persönlich bekannt. Des letzteren Genosse, der bekannte Kammerer, erhielt zurzeit Mitteilungen über das Attentat gegen das Gebäude des Frankfurter Polizeipräsidiums und über den dieses Verbrechens wegen gegen Reinsdorf erhobenen Verdacht. Reinsdorf erhielt Briefe und Gelder aus Paris, London und Amerika. Er war der englischen und französischen Sprache vollkommen mächtig und war stets bemüht, sogenannte „Deckadressen“ für seine ausgebreitete Korrespondenz zu erhalten. Zu dem Weber Palm äußerte einmal Reinsdorf: er sei von London nach Deutschland geschickt worden; gleichzeitig seien zwei andere Personen nach Wien gegangen. Um diese Zeit, Dezember 1882, war der erwähnte Expedient der „Freiheit“, John Neve, in der Tat in Wien angelangt. Neve hatte schon Anfang 1882 zwei andere Agenten, namens Rimke und Grün, nach Deutschland dirigiert. Neve schrieb an Rimke: „Eine Reise nach Deutschland ist augenblicklich von unberechenbarem Nutzen, zumal jetzt, da die Kriegsbestie vielleicht noch dieses Jahr losgelassen

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/168&oldid=- (Version vom 18.7.2024)