Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 6 (1912).djvu/69

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

Einfluß, den der Angeklagte auf ihn ausübte, zum Verbrecher geworden. Nitter sagte, ich sei schuld, daß er in Breslau unschuldig verurteilt wurde, weil ich ihn in der Verhandlung gegen ihn vor der Magdeburger Strafkammer einen durch und durch verdorbenen Menschen genannt habe, der schließlich für das Zuchthaus reif geworden sei. Ich bin aber der Ansicht, daß Nitter vielleicht noch einmal ein anständiger Mensch werden kann. Ich bemerke ausdrücklich, daß ich von Nitter stets diese Ansicht gehabt habe. Nitter gab sich sogar dazu her, den Kriminalkommissar Klinghammer auszuhorchen. Er erklärte sich bereit, dem Kriminalkommissar über das Treiben des Knitelius Auskunft zu geben. Er hatte, wie er sagte, aber nur die Absicht, den Kriminalkommissar, und zwar in ausdrücklichem Auftrag von Knitelius, auszuhorchen, um zu erfahren, was die Kriminalpolizei gegen Knitelius für Maßnahmen im Auge hatte. Daraus ging doch klar hervor, daß der Angeklagte alle Ursache hatte, die Polizei zu fürchten. Nitter sagte ja auch zu einigen Leuten, er fürchte die Rache von Knitelius. Wenn er die Wahrheit sage, dann würde Knitelius pfeifen, und er noch einmal angeklagt werden, denn sie haben noch mehr auf dem Kerbholz. Aber auch der Angeklagte ist aus anständiger Familie. Er hat jedoch frühzeitig in Kreisen gefährlicher Verbrecher verkehrt, und als sehr junger Mensch viel Umgang mit der besseren weiblichen Halbwelt gehabt. Er hat stets eine geladene Schußwaffe getragen und war dringend verdächtig, sich an schweren Einbrüchen beteiligt zu haben. Er hat auch in Berlin fast ausschließlich in Lokalen verkehrt, wo die gefährlichen Verbrecher zu verkehren pflegen. Er hat niemals gearbeitet, sondern augenscheinlich Reisen bis nach Zürich unternommen, um Einbrüche zu verüben. Äußerst charakteristisch ist es, daß, als der Kriminalkommissar Klinghammer im „Café Westminster“ an Knitelius herantrat und ihm eröffnete, daß er ihn verhaften müsse, Knitelius keineswegs erschrak, sondern

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/69&oldid=- (Version vom 10.12.2022)